nd-aktuell.de / 22.04.2020 / Berlin

Bombendrohung zum Prozessauftakt

Verfahren gegen Verdächtigen musste unterbrochen werden, der selber Behörden eingeschüchtert haben soll

Wegen einer eingegangenen Bombendrohung gegen das Berliner Landgericht ist der Prozess gegen einen 32-Jährigen wenige Minuten nach Eröffnung am Dienstag unterbrochen worden. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, in bundesweit verschickten Drohmails Sprengstoffanschläge und andere Tötungsdelikte angekündigt zu haben. In dem am Dienstag per Fax eingegangenen Schreiben hieß es nach Angaben einer Gerichtssprecherin, es seien zahlreiche Sprengsätze vor dem Saal 220 deponiert worden. Das Schreiben werde jetzt überprüft. Der Prozess war schon vorher in einen anderen Saal des Landgerichts verlegt worden.

Der Beschuldigte soll ab Dezember 2018 unter dem Absender »NationalSozialistische Offensive« E-Mails an Mitglieder des Bundestages sowie Polizeidienststellen, Gerichte, Medien und Einkaufszentren verschickt und darin Sprengstoffanschläge und weitere Tötungsdelikte angedroht haben. Angeklagt sind insgesamt 107 Taten bis April 2019. In dem Prozess wird es laut Informationen des Gerichts auch um die Schuldfähigkeit des Angeklagten gehen.

Dem mutmaßlichen Täter sei es in den Schreiben darum gegangen, das von ihm verhasste »kapitalistische System« anzuprangern. Der Verdächtige habe die Bevölkerung beunruhigen sowie öffentliche Aufmerksamkeit erlangen wollen, hieß es.

Mails gingen laut früheren Angaben der Staatsanwaltschaft an Behörden in Hamburg, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Baden-Württemberg und Frankfurt. Gedroht wurde mit Bomben sowie Exekutionen auf offener Straße. Im Januar 2019 waren wegen der Drohungen auch Gerichtsgebäude geräumt worden. Sprengkörper wurden aber nicht gefunden.

Die Berliner Strafverfolgungsbehörde hatte die Ermittlungen federführend nach einer gemeinsamen Vereinbarung der deutschen Generalstaatsanwaltschaft übernommen, um Ressourcen zu bündeln. Der mutmaßliche Verfasser wurde in Schleswig-Holstein Anfang April 2019 gefasst und später in eine Haftanstalt nach Berlin überführt. Er war laut Staatsanwaltschaft schon früher wegen Sprengstoff-, Brand- und Körperverletzungsdelikten auffällig geworden.

Die Tatserie begann laut Staatsanwaltschaft wenige Wochen, nachdem der mutmaßliche Schreiber nach einer Haftstrafe auf freien Fuß kam. Ähnlichkeiten zum früheren Vorgehen des Mannes hätten auf seine Spur geführt.

Die Anklage lautet auf Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten, versuchte räuberische Erpressung und Bedrohung. dpa/nd