nd-aktuell.de / 29.04.2020 / Ratgeber / Seite 17

Gutscheine statt Rückzahlung an Reisende

Fragen & Antworten zu einer unpopulären Idee der Bundesregierung in der Corona-Krise

Nun hat die Bundesregierung einen unpopulären Vorschlag unterbreitet. Statt der Erstattungen sollen die Verbraucher nach dem Willen der Bundesregierung erst einmal Gutscheine bekommen.

Wie sind Erstattungen eigentlich geregelt?

Normalerweise sind Airlines und die Veranstalter von Pauschalreisen zu schnellen Erstattungen verpflichtet, wenn etwas wegen einer Pandemie abgesagt wird. Bei Reisen gilt eine Frist von 14 Tagen, die Kosten für stornierte Flüge müssen sogar innerhalb einer Woche zurückgezahlt werden. Das haben viele Unternehmen in der Corona-Krise zuletzt aber nicht gemacht, weil sie finanziell in enormen Schwierigkeiten stecken.

Wer genau soll nun stattdessen Gutscheine bekommen?

Alle, die vor dem 8. März 2020 ein Ticket für einen Flug, eine Pauschalreise oder eine Veranstaltung gekauft haben, die jetzt wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde. Das betrifft Urlaubsreisen genauso wie Flüge zu Geschäftsreisen, Fußballspiele oder Konzerte, Lesungen und wissenschaftliche Vorträge. Auch für Dauerkarten-Inhaber soll es eine Lösung geben. Bei Flugtickets und Pauschalreisen muss allerdings die EU-Kommission zustimmen.

Wie kann ich den Gutschein dann einlösen?

Das soll von dem Zeitpunkt an gehen, sobald das öffentliche Leben wieder läuft, es wieder Urlaubsreisen oder Flüge gibt. Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 gelten und können dann wohl auch für Reisen zu anderen Zielen eingelöst werden. Die Bundesregierung will die Reiseveranstalter ermutigen, auch Rabatte zu geben, wenn ein Kunde seinen Gutschein einsetzt.

Und wenn ich den Gutschein nicht einlösen möchte?

Wer nach der Krise nicht mehr reisen möchte, etwa, weil sich der Grund für den geplanten Trip erledigt hat, kann einfach abwarten. Anfang 2022 sollen die Veranstalter die Erstattungen für alle nicht genutzten Gutscheine auszahlen müssen.

Gibt es eine Härtefallregel?

Wenn ein Kunde glaubhaft versichern kann, dass er sonst etwa seine Miete oder dringende Einkäufe nicht mehr zahlen kann, soll er das Geld schon jetzt zurückgekommen. Verbraucherschützer fordern auch, dass Restzahlungen für solche Reisen jetzt nicht mehr verlangt werden, die ohnehin wahrscheinlich abgesagt werden.

Warum will die Bundesregierung die Gutschein-Lösung?

Weil sie befürchtet, dass massenhafte Erstattungen einige Unternehmen vornehmlich der Reisebranche in die Insolvenz treiben könnten. Kein Wunder also, dass sich der Deutsche Reiseverband und die Luftverkehrswirtschaft erleichtert zeigen. Die Einigung käme für viele Reisebüros und Veranstalter gerade noch rechtzeitig. Daher sei die Gutschein-Lösung sinnvoll und fair. Sie verschaffe den Unternehmen in dieser schwierigen Lage Luft zum Atmen.

Was halten Verbraucherschützer davon?

Sie haben große Bedenken. Letztlich würden die Bürger gezwungen, den Unternehmen zinslose Kredite zu geben, kritisiert der Chef der Verbraucherzentralen, Klaus Müller. Verbraucher dürfen nicht als »schnelle und zusätzliche Refinanzierungsquelle« von Unternehmen missbraucht werden. Er schlug stattdessen vor, die Frist für Rückzahlungen bis Ende April zu verlängern und den Unternehmen mit einem Fonds unter die Arme zu greifen. dpa/nd