nd-aktuell.de / 04.05.2020 / Politik / Seite 4

Pass für Genesene?

Spahn lässt sich zu Immunitätsnachweis beraten

Berlin. Jens Spahn hat einem Zeitungsbericht zufolge den Deutschen Ethikrat um eine Stellungnahme zum geplanten Corona-Immunitätsausweis gebeten. Wie die »Bild am Sonntag« berichtete, schrieb der Bundesgesundheitsminister an den Ethikrat, es sei ihm »ein Anliegen, dass die ethischen Aspekte im Rahmen der Anwendung der Vorschrift eine ausreichende Würdigung erfahren«. Die Ethik-Experten sollten daher eine Einschätzung abgeben, »wie und in welchem Zusammenhang der Nachweis einer Immunität genutzt werden sollte«, zitierte die Zeitung aus dem Schreiben des CDU-Politikers.

Die Einführung eines Immunitätsausweises ist Teil eines weiteren Coronagesetzes, das in der kommenden Woche vom Bundestag beraten werden soll. Falls wissenschaftlich bewiesen wird, dass nach einer Coronavirusinfektion Immunität besteht und ein Genesener niemanden mehr anstecken kann, sollen sich die Betroffenen diese Immunität bescheinigen lassen können - analog zum Impfpass. Der Deutsche Ethikrat berät über zentrale ethische Fragen und gibt regelmäßig Stellungnahmen ab. Dem Gremium gehören 26 Mitglieder an, die je zur Hälfte auf Vorschlag des Bundestags und der Bundesregierung berufen werden. Darunter sind etliche Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen.

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch lehnt den Immunitätsausweis ab. »Ich finde einen Immunitätsausweis, der womöglich reguliert, wer raus darf und wer nicht, völlig falsch«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Das sprengt einen Rahmen. Ich will keinen Überwachungsstaat.« Die Einschränkungen von Freiheitsrechten habe es so noch nie gegeben.

Bereits zuvor hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor sogenannten Immunitätsnachweisen für Menschen nach durchgemachter Corona-Infektion gewarnt. Auch andere Regierungen hatten vorgeschlagen, Ex-Infizierten mit Corona-Antikörpern im Blut eine Art Covid-Pass auszustellen, damit sie beispielsweise früher zurück zur Arbeit können. Laut WHO ist die Annahme, dass Antikörper im Blut immun gegen das Virus machen, nicht ausreichend wissenschaftlich gedeckt: »Es gibt im Moment keinen Nachweis, dass Menschen, die sich von Covid-19 erholt und Antikörper haben, vor einer zweiten Infektion geschützt sind«, teilte sie mit.

Es sind verschiedene Antikörpertests auf dem Markt. Deren Genauigkeit und Zuverlässigkeit müssen aber weiter geprüft werden, so die WHO. Qualitativ mangelhafte Tests könnten bei Menschen, die infiziert waren, keine Antikörper anzeigen. Bei Menschen, die nie mit dem neuen Virus Sars-CoV-2 infiziert waren, könnten dagegen fälschlicherweise Antikörper nachgewiesen werden. nd/Agenturen