nd-aktuell.de / 17.06.2020 / Berlin / Seite 9

Mieterprotest vor dem Roten Rathaus

Vorkaufsrecht statt Erwerb durch Deutsche Wohnen

Nicolas Šustr

An die 60 Mieter versammelten sich am Dienstag in brütender Mittagshitze, um vom Senat Unterstützung bei der Ausübung von Vorkaufsrechten für ihre Häuser einzufordern. Es geht um ein Paket von 23 bis auf zwei alle in Berlin gelegene Immobilien, das die Deutsche Wohnen vom Berliner Investor Christian Ernst Hollmann übernommen hat (»nd« berichtete).

»Wir fordern die Politiker*innen in Senat und Bezirken auf, die erforderlichen Zuschüsse sicherzustellen«, sagt Lorena, Mieterin in einem Haus im Kreuzberger Wrangelkiez, die wie alle Teilnehmer der Demonstration nicht ihren vollen Namen in der Zeitung lesen will. Die Hälfte des Häuserpakets konzentriert sich auf die Gegend. Das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten müsse »Hand in Hand mit dem Mietendeckel« gehen, erklärt sie. Wegen der Mietpreisbegrenzung sind landeseigene Wohnungsbaugesellschaften noch zurückhaltender bei der Ausübung von Vorkaufsrechten geworden.

In der Schlesischen Straße 14 hatten die Bewohner sich erstmals am Montagabend versammelt. »Ich war überrascht, wie viele gekommen sind«, berichtet Caro. Die einhellige Meinung: Mieter der Deutsche Wohnen will niemand werden. Andere Häuser berichten in beiden Punkte dasselbe.

»Kein Eis und keine Pizza für die Deutsche Wohnen«, skandiert Anna aus der Falckensteinstraße 7. Sie macht auf die Situation der Gewerbetreibenden aufmerksam, die im Vergleich zu Wohnungsmietern praktisch gar keinen Schutz vor Verdrängung haben.

»Ungefähr die Hälfte der betroffenen Häuser liegt nicht in Milieuschutzgebieten. Wir fordern ein grundsätzliches Vorkaufsrecht für Kommunen, egal wo sich das Haus befindet«, fordert Wolfgang vom Maybachufer 6. Erhöhungsverlangen um 50 bis 100 Prozent seien bei Gewerbemietern derzeit die Regel, berichtet ein Vertreter der Initiative Gloreiche Nachbarschaft. »Es geht darum, dass unsere Kieze nicht zerstört werden«, sagt Wolfgang. In Prenzlauer Berg könnten sich die einstigen Neuzuzügler die Mieten mittlerweile nicht mehr leisten.