Das gelobte Land ist verseucht

Der Neustart der US-Basketballliga NBA könnte scheitern, da sich der Austragungsort Florida zum neuen Corona-Epizentrum entwickelt

  • Christoph Leuchtenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Aus der vermeintlich rettenden »Bubble« ist ein Seuchenherd geworden: Schier unfassbare 4049 neue Coronafälle meldete Florida alleine am Samstag - mehr als hart getroffene Länder wie Peru und Bangladesch. Die Blase des »Sunshine State« sollte dem US-Sport und den Basketballern der NBA ihr Milliardengeschäft retten, jetzt droht sie angesichts immer neuer Schreckensmeldungen zu platzen.

»Tatsächlich hat Florida alle Voraussetzungen, das nächste große Epizentrum zu werden«, stellt ein neuer Report von Seuchenforschern des Children’s Hospital of Philadelphia und der University of Pennsylvania nun klar: »Das Risiko dort ist das schlimmste, das es je in unseren Voraussagen gegeben hat.«

Bis Mittwoch müssen die Profis der NBA ihren Klubs mitteilen, ob sie unter den vorgegebenen Bedingungen spielen wollen: Quarantäne ab dem 7. Juli ausgerechnet in Florida, Wiederaufnahme des Spielbetriebs ab dem 31. Juli in der Disney World von Orlando. Auch wenn das Hygienekonzept der Liga satte 113 Seiten umfasst, sind nicht alle Risiken ausgeschaltet - das Hotelpersonal beispielsweise wird nicht ständig getestet.

Gut möglich also, dass diverse NBA-Stars sich verweigern - angesichts der Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt wollen sich viele der dunkelhäutigen Basketballer gerade jetzt nicht als willenloses Spielzeug schwerreicher (weißer) Teambesitzer präsentieren. Der US-Sportsender ESPN berichtet von einer Telefonkonferenz zwischen NBA-Commissioner Adam Silver und hochrangigen Teamoffiziellen. Silver sei entschlossen, an den Plänen festzuhalten, die Saison in Florida bis spätestens Mitte Oktober durchzuziehen - auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung. Silver erkenne zwar die Schwere des Infektionsanstiegs an, habe aber volles Vertrauen in das NBA-Konzept.

Amerikas Chef-Immunologe Anthony Fauci hatte das Konzept in der Vorwoche noch »sehr kreativ« und Erfolg versprechend genannt, doch die Zweifel mehren sich, und die Spielerorganisation NBPA ist alarmiert: »Ich kann nicht sagen, dass ich über die Entwicklung in Florida angesichts des Ansatzes des Staates zur Wiederöffnung überrascht bin«, sagte NBPA-Chefin Michele Roberts: »Wir werden die Situation auf jeden Fall exakt verfolgen.«

Die kommenden Tage werden entscheiden, ob Florida zum gelobten Land oder zum Ground Zero für das immer noch stillstehende Milliardengeschäft US-Sport wird. Neben der NBA sollte auch die Frauen-Profiliga WNBA am Südwestzipfel der Staaten spielen, ebenso die Fußballer der MLS.

Und auch die Baseballteams der MLB, die bereits im März in die Saison hätten starten sollen, wollten sich traditionell in Florida auf den (Wieder-)Auftakt vorbereiten. »Die Mets und die Yankees planen ihre Trainingscamps in New York«, teilte jedoch Andrew Cuomo, Gouverneur des Bundesstaats New York, am Samstag mit. Das sagt eigentlich alles: Der Big Apple, kürzlich noch der Corona-Seuchenpfuhl schlechthin, gilt mittlerweile als sichere Alternative zu Florida. SID/nd

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