nd-aktuell.de / 01.07.2020 / Berlin / Seite 12

Kapek verteidigt Antidiskriminierungsgesetz

Klageanzahl wird nach Beseitigung von Gesetzeslücken deutlich zurückgehen, prognostiziert Grünen-Politikerin

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, geht davon aus, dass mit Blick auf das neue Landesantidiskriminierungsgesetz nur am Anfang viele Klagen eingehen werden.

»Es wird in den ersten Monaten überall dort zu Klagen kommen, wo wir im Verwaltungshandeln Antidiskriminierungslücken lassen. Wenn diese behoben sind, dann gehen die Klagen auch zurück«, sagte Kapek der Nachrichtenagentur dpa. Sie rechne nicht damit, dass das am 21. Juni in Kraft getretene Gesetz große Auswirkungen auf die Berliner Polizei haben werde.

Das Gesetz soll Menschen in Berlin vor Diskriminierung durch Behörden schützen - und es ist umstritten. Kritiker bemängeln, dass es insbesondere Polizisten unter Generalverdacht stellen würde. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwog sogar, wegen des Gesetzes Bundespolizisten nicht mehr in Berlin einzusetzen.

Nach Einschätzung Kapeks wird das neue Gesetz vor allem da eine Rolle spielen, wo es großen Publikumsverkehr, also häufige Kontakte zwischen Bürgern und Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern der Verwaltung gebe. »Zum Beispiel im Gesundheitssektor.« Das gelte etwa für Menschen mit Behinderungen, die bestimmte Leistungen nicht in Anspruch nehmen könnten oder die von Teilhabe ausgeschlossen seien. Auch in der Coronakrise hätten Menschen mit Behinderungen häufig Schwierigkeiten bei Kontakten mit Ämtern. »Ich rechne damit, dass es die größte Zahl der Klagen im Schulbereich geben wird«, ergänzte die Grünen-Politikerin. »Zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, warum ein Kind keinen Platz an einer bestimmten Schule bekommen hat.«

Antje Kapek erwartet, dass auch andere Bundesländer ein Antidiskriminierungsgesetz beschließen werden. »Ich könnte mir vorstellen, dass Hamburg als eines der ersten Länder nachziehen wird.« Berlin habe in dieser Hinsicht durchaus eine Vorreiterrolle. »Wir haben auch hier nach wie vor ein Problem mit Alltagsrassismus«, erklärte Kapek. »Aber im deutschlandweiten Vergleich gibt es kein anderes Land, das so weit ist wie Berlin«, so die Fraktionschefin im Hinblick auf Gegenstrategien. dpa/nd