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Extremwetterlagen belasten Bauern

Der Bauernverband fordert Hilfen für Landwirte, die wegen des Klimawandels in Bedrängnis geraten sind.

  • Rainer Balcerowaik
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine eher durchwachsene Erntebilanz für die diesjährige Saison zog am Dienstag in Berlin Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Während in einigen Landesteilen vor allem im Süden gute Erträge bei der Getreideernte eingefahren wurden, führte die teilweise extreme Dürre andernorts zu deutlichen Einbußen, besonders in Ostdeutschland und Teilen Bayerns. »2020 war vielerorts das dritte durch Wetterextreme geprägte Jahr in Folge, was einige Betriebe in ihrer Existenz gefährdet. Wir brauchen deshalb dringend eine Stärkung der einzelbetrieblichen Risikovorsorge durch staatlich unterstützte Mehrgefahrenversicherungen und die Einführung einer steuerlichen Gewinnrücklage«, forderte Rukwied.

Für eine solches System brauche es aber Anschubfinanzierungen des Bundes und der Länder, denn »alleine können das die Bauern nicht stemmen«. Brandenburgs Umwelt- und Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) wies die Forderung des DBV nach staatlicher Finanzierung von Ernteausfallversicherungen umgehend zurück. Man wolle wesentlich zielgerichteter helfen, etwa bei der Umstellung auf wassersparende Bewirtschaftungsverfahren, sagte Vogel im rbb Inforadio.

Der DBV rechnet in diesem Jahr mit einer Getreideernte von 42,4 Millionen Tonnen. Das sind zwei Millionen Tonnen oder knapp fünf Prozent weniger als der Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019. In diesem Korridor bewegt sich der Winterweizen, die bedeutendste Getreideart im deutschen Ackerbau. Dagegen gab es bei Wintergerste einen deutlichen Rückgang von 9,8 auf 8,8 Millionen Tonnen.

Dürre und Frost im Mai setzten den Bauern dieses Jahr zu

In Regionen, die bereits im März und April von extremer Trockenheit und dann im Mai auch noch von strengen Nachtfrösten betroffen waren, kam es sogar zu Totalausfällen beziehungsweise zur vorzeitigen Noternte zur Verwendung als Ganzpflanzensilage. Betroffen seien auch viele Tierhalter, da durch die Ernteausfälle weniger Grundfutter vorhanden sei, so Rukwied. Verbraucher müssten aber nicht mit steigenden Preisen rechnen. Weltweit gebe es in der Summe genügend Getreide. Die Bauern mit schlechter Ernte treffe es doppelt, da die Preise unter dem Vorjahresniveau lägen. Angesichts der auch im August in einigen Regionen anhaltenden extremen Trockenheit drohen im weiteren Jahresverlauf weitere Einbrüche, denn die im Herbst zu erntenden Kulturen wie Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben leiden zunehmend unter Wassermangel. »Auch für die bevorstehende Rapsaussaat werden dringend Niederschläge benötigt, damit die Saat überhaupt keimen kann«, sagte Rukwied.

Auch die Coronakrise setzte den Landwirten zu

Auch die Coronakrise hinterließ ihre Spuren. So sank die Erntemenge bei Spargel um knapp 20 Prozent, weil zum einem viel weniger Erntehelfer aus Osteuropa einreisen konnten und zudem durch den wochenlangen Lockdown der Gastronomie die Absatzmöglichkeiten stark eingeschränkt waren. Auch der Druck auf die Erzeugerpreise hat sich dadurch in einigen Bereichen verstärkt, unter anderem bei der Sommergerste. Zwar wurden aufgrund erweiterter Anbauflächen 1,9 Millionen und damit 100 000 Tonnen mehr als im Vorjahr geerntet. Qualitativ hochwertige Sommergerste wird als Braugerste verwendet. Doch da der Bierabsatz wegen Kneipenschließungen und Absagen von Großveranstaltungen deutlich einbrach, sank auch die Nachfrage nach Braugerste. Die Erzeugerpreise liegen mit aktuell 163 Euro pro Tonne um rund 20 Euro unterhalb des Vorjahrespreises.

Kritiker werfen dem DBV vor, keine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt zu haben, um unter den neuen klimatischen Bedingungen weiter sinnvoll wirtschaften zu können. Konkrete Vorschläge kamen am Dienstag unter anderem von Andreas Brömser, agrarmeteorologischer Berater beim Deutschen Wetterdienst. Nötig seien besonders in extrem trockenen Gebieten sowohl die Diversifizierung der Anbaukulturen in Bezug auf Trockenresistenz, ein verbessertes Wassermanagement und ressourcenschonende Methoden der Bodenbearbeitung. So müssten die Ackerböden möglichst ganzjährig mit Pflanzen bedeckt sein, um die vorhandene Feuchtigkeit zu halten und die Verdunstung zu minimieren, so Brömser im rbb-Inforadio.

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