nd-aktuell.de / 26.08.2020 / Ratgeber / Seite 24

Reiseveranstalter drängte trotz offizieller Reisewarnung zum Urlaubsantritt

Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt

Bereits im vergangenen Jahr hat die vierköpfige Familie für Mitte Juli einen 14-tägigen Urlaub nach Ägypten gebucht. Seit März dieses Jahres ist die Covid-19-Pandemie präsent. Es steht, wie für viele Verbraucher, die Frage, kann ein Urlaub überhaupt stattfinden, ist ein kostenfreier Rücktritt möglich oder müssen Stornokosten gezahlt werden.

Zum 15. Juni wurde die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes dahingehend aktualisiert, dass diese für die meisten europäischen Länder aufgehoben wurde, die nach Auffassung der Bundesregierung wichtige Kriterien erfüllen. Dazu zählen die Entwicklung der Infektionszahlen, die Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme, Testkapazitäten, Hygieneregeln und Reisebeschränkungen.

Die offizielle Reisewarnung für die 160 Nicht-EU-Länder wurde dagegen bis Ende August verlängert. Das betrifft auch Ägypten. Zwar mit Wehmut, aber der Vernunft geschuldet, erklärt die Familie ihrem Reiseveranstalter gegenüber den Rücktritt vom Reisevertrag wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände am Urlaubsort - insbesondere auch mit Hinweis auf die offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes inklusive der Beschreibungen zu den Bedingungen vor Ort.

Über das Antwortschreiben des Reiseveranstalters Express Travel International (ETI) mit Sitz in Frankfurt am Main einschließlich der Aufforderung zur Restreisepreiszahlung ist die Familie schockiert: »Wir dürfen Ihnen mitteilen, dass Ihr Urlaub stattfinden kann. Auch wenn Ihr Urlaub mit gewissen Einschränkungen aufgrund von staatlich verordneten Hygienemaßnahmen stattfinden wird, ist dies kein Grund für eine kostenfreie Stornierung Ihrer Reise ... «.

Muss die Familie tatsächlich in vier Wochen zum Ägyptenurlaub aufbrechen oder sollte sie alternativ doch besser die im Vertrag benannten Stornokosten zahlen? Dazu die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt (VZSA): Liegt für ein Land eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vor, ist dies kein zu ignorierendes, sondern schwerwiegendes Indiz für die unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstände am Urlaubsort und damit von den Gerichten anerkannt, dass dies zu einem Rücktritt ohne Entschädigung berechtigt. VZSA/nd

Die Verbraucherzentrale hat eine Hotline zur kostenlosen Beratung unter der Telefonnummer (0345) 29 80 363 geschaltet. Experten stehen für alle Anfragen zu Stornierungen oder Kündigungen bei allen Verträgen für Reisen zur Verfügung. Verbraucher können sich auch direkt am Verbrauchertelefon (0900) 177 57 70 (1 Euro pro Minute im deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise abweichend) beraten lassen.