nd-aktuell.de / 02.09.2020 / Ratgeber / Seite 23

Wichtig ist die Alltagskompetenz der Senioren

Betrügern auf den Spur

Die ältere Dame, die zum vierten Mal am Tag Geld abhebt oder der betagte Herr, der sich seine gesamten Ersparnisse auszahlen lassen will - das wirft Fragen auf. Benötigt die Dame unerwartet mehr Bargeld oder ist sie geistig verwirrt? Möchte der Herr ein Auto kaufen oder räumt er sein Konto im Auftrag einer kriminellen Bande leer?

Ein Drahtseilakt

Die richtige Entscheidung zu treffen gleicht in so einer Situation für jeden Bankmitarbeiter einem Drahtseilakt: «Selbstverständlich möchte die Bank ihre Kunden vor finanziellen Nachteilen schützen, aber gleichzeitig nicht ihre Privatsphäre verletzen», erklärt Anja Maultzsch von der Postbank.

Die meisten Menschen wissen, dass im Alter die körperliche Fitness nachlässt. Dass auch die kognitiven Fähigkeiten schwächer werden, wie sie zum Beispiel für das Einschätzen fremder Menschen oder unbekannter Situationen notwendig sind, wissen viele dagegen nicht. Krankheiten wie Alzheimer oder vaskuläre Demenz verstärken diesen Effekt noch.

Dies kann heikel werden, vor allem dann, wenn es um Geld geht. Die Schwächen älterer Menschen nutzen kriminelle Banden inzwischen systematisch aus, um mit perfiden Betrügereien hohe Geldsummen bei Senioren zu erbeuten. Die bekannteste Masche ist der Enkeltrick.

Kein Patentrezept

«Wichtig ist, die Mitarbeiter in den Bankfilialen zu sensibilisieren und zu schulen, damit sie ungewöhnliche Situationen erkennen und wissen, wie sie damit umgehen sollten.

»-Welche Reaktion angemessen ist, muss der Mitarbeiter immer im Einzelfall entscheiden«, meint die Postbank-Expertin. Erscheint beispielsweise ein älterer Mensch in Begleitung einer anderen Person in der Filiale, ist sichtlich aufgeregt und will eine größere Summe abheben, ist Misstrauen angebracht. Bankmitarbeiter sollten nach dem Verwendungszweck des Geldes fragen und den Kunden vorsichtig auf bekannte Betrugsmaschen ansprechen.

Erhärtet sich der Verdacht, können sie die Auszahlung unter einem Vorwand verweigern und umgehend die Polizei informieren. »Bei aller Umsicht stößt das Urteilsvermögen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filiale aber auch an Grenzen, da Anzeichen für Betrug oder Demenz nicht immer eindeutig erkennbar sind«, sagt Anja Maultzsch.

Beispiel für Vorsorge

Vorsorge zu treffen ist daher sinnvoll: »Praktikabel ist, dass eine Vertrauensperson per Bankvollmacht wichtige Bankgeschäfte übernimmt. Für den Erkrankten kann ein separates Konto mit begrenztem Budget für die alltäglichen Ausgaben eingerichtet werden. So bleibt Alltagskompetenz erhalten, aber finanzieller Schaden wird verhindert«, rät die Postbank- Expertin. postbank/nd