nd-aktuell.de / 02.09.2020 / Ratgeber / Seite 23

Verbraucherschützer helfen in 20 Sprachen

Wenn Mahnbescheid kommen

Hermannus Pfeiffer

»Millionen von Arbeitnehmern fehlen im Moment die Einnahmen, um alle ihre Rechnungen zuverlässig und pünktlich bezahlen zu können«, beschreibt Kirsten Pedd, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen, die Lage. »Immer mehr Firmen sehen sich dadurch mit säumigen Kunden konfrontiert.« Das ist gut für das Geschäft der Inkassofirmen, aber zweifelsohne schlecht für Verbraucher.

Das gilt in besonderem Maße, wenn es sich um Verbraucher handelt, die mit dem deutschen Mahnwesen nicht vertraut sind. Besonders schnell kann die Lage eskalieren, wenn es zudem noch an deutschen Sprachkenntnissen mangelt. Diesen speziellen Problemen hat sich die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) in einem bundesweit wohl einmaligen Modellprojekt angenommen.

Mit ihrem Projekt »Verbraucherschutz für Migrantinnen und Migranten« stärkt die Verbraucherzentrale Menschen aus Einwandererfamilien und Geflüchtete, indem sie diese grundlegend informiert. Außerdem unterstützen die Verbraucherschützer Betroffene dabei, ihre Rechte gegenüber Unternehmen »selbstbewusst« zu vertreten. Das Projekt wird gefördert vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg.

Der Gelbe Brief

Mahnbescheide kommen in einem gelben Briefumschlag mit der Post. Liegt ein solcher Bescheid im Briefkasten, wissen Betroffene häufig nicht, wie sie sich verhalten sollen. Wichtig: Auf jeden Fall handeln, nicht ignorieren! Eine neue Infografik der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) erklärt, was bei einem gerichtlichen Mahnverfahren zu tun ist - Schritt für Schritt und in mehreren Sprachen.

Verbraucher, die einen gerichtlichen Mahnbescheid erhalten haben, sollten schnell, aber besonnen handeln. Ihnen stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. »Zunächst sollte der betroffene Verbraucher prüfen, ob die Geldforderung des Bescheids berechtigt ist«, empfiehlt Karolina Wróblewska, Verbraucherberaterin bei der VZB. Hat der Käufer beispielsweise vergessen, eine Rechnung für eine Onlinebestellung zu begleichen, sollte er die Forderung umgehend bezahlen.

In den Beratungen ist das ein alltägliches Thema. Gerade der Internethandel boomt in Corona-Zeiten. So meldete der Branchenführer Amazon Ende Juli einen um rund 40 Prozent gestiegenen Handelsumsatz während der Pandemie. Dieser Boom schlägt jetzt auf die Inkassobranche durch.

Forderung prüfen

»Wir empfehlen Verbrauchern, vorher die Höhe der Inkassokosten zu prüfen«, rät Wróblewska. Eine Überprüfung ist mit dem kostenlosen Inkasso-Check der Verbraucherzentralen möglich (www.verbraucherzentrale.de/inkasso-check[1]).

Wenn die Forderung unberechtigt ist, sollte der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen Widerspruch einlegen. Dazu kann er das Widerspruchsformular nutzen, welches dem Mahnbescheid im gelben Umschlag beiliegt.

Keinesfalls sollten Verbraucher den Mahnbescheid ignorieren. »Kein Gericht prüft vorher, ob die Forderung des Gläubigers berechtigt ist«, erklärt die Beraterin. Beantragt der Gläubiger schließlich einen Vollstreckungsbescheid, riskieren Verbraucher, die weiterhin untätig bleiben, eine Zwangsvollstreckung. Das heißt: Der Gerichtsvollzieher kommt ins Haus, um zu pfänden.

Beratung mit Dolmetscher

Um Verbrauchern Einblick in die komplizierten rechtlichen Mahnverfahren zu verschaffen, wurde eine Infografik entwickelt. Sie erklärt auf anschauliche Weise, welche Handlungsmöglichkeiten Verbraucher haben, wenn sie einen Mahnbescheid erhalten haben. »Und welche Folgen sich daraus ergeben können«, mahnt Laura Ströbel, Projektkoordinatorin im Projekt »Verbraucherschutz für Migrant*innen«.

Die Infografik zum Mahnverfahren ist in drei Sprachen verfasst: Deutsch, Polnisch und Englisch (www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/infothek/mahnbescheid-bekommen[2]).

»Menschen aus Familien mit einer Einwanderungsgeschichte kennen die Abläufe eines gerichtlichen Mahnverfahrens oft nicht und wissen nicht, wie sie auf einen Mahnbescheid reagieren sollen«, erklärt Ströbel. Das dürfte freilich auch für die meisten Bundesbürger gelten.

Für Ausländer bietet die VZB ihre Beratung in 20 Sprachen an. Den Beratungsgesprächen können qualifizierte Dolmetscher zugeschaltet werden - ohne zusätzliche Kosten für die Verbraucher.

Beratungstermine können telefonisch vereinbart werden unter (0331) 98 22 999 5 (Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr) oder online unter www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/terminbuchung.[3]

Bitte beachten: Beratungstermine werden derzeit allein telefonisch durchgeführt. Achten Sie darauf, bei der Buchung des Beratungstermins eine aktuelle Telefonnummer anzugeben. Bei der Buchung können Verbraucher zudem angeben, wenn sie einen Dolmetscher benötigen.

Links:

  1. http://www.verbraucherzentrale.de/inkasso-check
  2. http://www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/infothek/mahnbescheid-bekommen
  3. http://www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/terminbuchung.