nd-aktuell.de / 12.09.2020 / Politik / Seite 8

Nur Erz, kein Herz

Jean-Sébastien Jacques tritt nach der Sprengung 46 000 Jahre alter heiliger Aborigine-Stätten von der Spitze des Bergbauriesen Rio Tinto zurück.

Alexander Isele

Die Weltkulturerbeorganisation Unesco nannte die Sprengung zweier heiliger Stätten der Aborigines in Australien eine der schlimmsten Kulturgüterzerstörungen der jüngeren Geschichte. An diesem Freitag sind der Chef des dafür verantwortlichen Bergbaukonzerns Rio Tinto, Jean-Sébastien Jacques, sowie zwei weitere Manager deswegen zurückgetreten. Nach heftiger Kritik und einer parlamentarischen Untersuchung hatte der Konzern zuerst mit einer Kürzung der Boni für die drei Manager für dieses Jahr reagiert. Nachdem auch Investoren in die Kritik einstimmten, kamen Rio Tinto und Jacques nun einvernehmlich zu der Überzeugung, dass es das Beste sei, dass der 48-Jährige sich spätestens zum 31. März 2021 von der Konzernspitze zurückzieht.

Rio Tinto, einer der größten Bergbaukonzerne der Welt mit einem Jahresumsatz von mehr als 40 Milliarden US-Dollar, hatte im Mai zwei Grabfelder in Höhlen in der Juukan-Schlucht in der Region Pilbara gesprengt, um den Eisenerzabbau auszuweiten. Die Stätte gehört zu den ältesten Siedlungsgebieten des Kontinents. Es gibt Hinweise, dass die Region seit 46 000 Jahren kontinuierlich von Menschen bewohnt war.

Bereits im August hatte sich der Brite Jacques vor dem australischen Senat bei den in der Region ansässigen Ethnien Puutu Kunti, Kurrama und Pinikura entschuldigt. Der Konzern teilte mit, dass Rio Tinto alles tun werde, damit eine Zerstörung solcher Stätten nie wieder passiert. Interne Unterlagen zeigen, dass Rio Tinto die Bedeutung der Stätten bewusst war. Der Konzern hatte eine Anwaltskanzlei engagiert, um möglichen rechtlichen Schritten indigener Gruppen zur Rettung der heiligen Stätten entgegenzutreten.

Jacques, der 2011 zu Rio Tinto kam und dort 2016 zum Chef aufstieg, muss sich um seine finanzielle Situation nicht sorgen. Der australisch-britische Konzern entschied, dass er wie auch die anderen beiden Manager ihre Ansprüche auf langfristig angelegte Bonuszahlungen behält. Alexander Isele