Ex-Ehefraum verlangt Einsicht in das neue Testament

Gilt das gemeinschaftliche Testament der Eheleute?

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1975 hatte ein Ehepaar ein gemeinschaftliches Testament verfasst, das heißt, die Eheleute setzten sich wechselseitig als Alleinerben ein. Nach der Scheidung 1991 heiratete der Ehemann erneut und begünstigte 1994 in einem notariell beurkundeten Testament seine zweite Frau. Beide Testamente wurden vom Nachlassgericht verwahrt, bis der Mann 2018 starb.

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Nun verlangte die Ex-Frau Einsicht in das neue Testament. Doch das Nachlassgericht lehnte ihren Antrag ab: Das gemeinschaftliche Testament sei aufgrund der Scheidung unwirksam. Das Testament von 1994 betreffe die geschiedene Frau nicht. Trotzdem habe sie ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht, meinte die Ex-Frau.

Sie müsse Gelegenheit bekommen zu prüfen, ob eventuell Regelungen des gemeinschaftlichen Testaments noch gültig seien. Das sei der Fall, wenn Verfügungen ungeachtet einer Scheidung Bestand haben sollten (§ 2077 und § 2268 Bürgerliches Gesetzbuch). Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig gab ihr Recht (Az. 2 U 1482/18).

Zwar werde ein gemeinschaftliches Testament in der Regel durch eine Scheidung unwirksam, so das OLG. Doch gebe es eben auch Ausnahmen von dieser Regel, wenn »der Erblasser eine Verfügung auch für einen solchen Fall getroffen haben würde«. Die frühere Ehefrau habe daher in der Tat ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht: Sie wolle sich Klarheit über den Inhalt des Testaments von 1994 verschaffen. Nur so könne sie feststellen, ob das gemeinschaftliche Testament insgesamt oder einzelne Verfügungen in diesem Testament noch wirksam seien.

Mit diesem Wissen könne sie entscheiden, ob es angebracht sei, selbst einen Erbschein zu beantragen oder sich gegen den Antrag der zweiten Ehefrau zu stellen. OnlineUrteile.de

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