nd-aktuell.de / 12.10.2020 / Politik / Seite 5

Kubas »neue Normalität«

Ab Montag kann wieder in den Karibikstaat eingereist werden

Andreas Knobloch, Havanna

Nach der erfolgreichen Eindämmung des Corona-Ausbruchs öffnet Kuba ab dieser Woche wieder größtenteils für den internationalen Tourismus. Das kündigte Premierminister Manuel Marrero am Donnerstagabend in einer Sondersendung des kubanischen Fernsehens an. Kuba hatte Ende März seine Grenzen geschlossen.

Seit Juli dürfen internationale Reisende bereits wieder auf den Cayos im Norden und Süden der Insel Urlaub machen, diese jedoch nicht verlassen. Ab dem 15. Oktober öffnen einige Vier- und Fünf-Sterne-Hotels in Varadero wieder für ausländische Touristen.

»Wir werden internationaler Flüge für alle Provinzen ermöglichen. Dies wird in drei Phasen stattfinden«, sagte Marrero. Einzig Havanna, das gerade einen einmonatigen Lockdown mit nächtlicher Ausgangssperre hinter sich hat, sowie Sancti Spiritus und Ciego de Ávila bleiben ausgenommen. Die Flughäfen im Rest des Landes nehmen ihren Betrieb wieder auf - unter Einhaltung eines strikten Hygieneprotokolls. Jede*r Einreisende muss bei Ankunft eine eidesstattliche Erklärung zum Gesundheitszustand ausfüllen und sich einem PCR-Test unterziehen.

Für Kubaner*innen, die nun auch wieder ein- und ausreisen dürfen, ist dieser Test kostenlos. Bei Ausländer*innen, die zudem eine Hotelbuchung vorweisen müssen, werden die Höhe der Kosten zwischen den Ministerien für Tourismus und Gesundheit vereinbart. Die bisher obligatorische 14-tägige Quarantäne bei einer Einreise entfällt. »Im Fall von Ausländern ist es so geplant, dass diese in ihre Hotels gehen und dort von den Gesundheitsbehörden beobachtet werden. Kubanische Reisende begeben sich hingegen in häusliche Isolation und werden gleichermaßen vom Gesundheitssystem betreut werden«, so Marrero. Wann es wieder Flüge von und nach Havanna geben werde, dazu machte der Premierminister keine Angaben. »Wir planen, es bald zu tun«, sagte er nur.

Die bisherige Corona-Strategie bezeichnete die Regierung angesichts der vergleichsweise geringen Fallzahlen von knapp 6000 Infizierten als erfolgreich. Verantwortlich dafür sind mehrere Faktoren: Kubas flächendeckendes Gesundheitssystem, das Erfahrungen mit Epidemien hat, die konsequente Verfolgung der Infektionsketten sowie die Maskenpflicht in der Öffentlichkeit.

Das Land habe bewiesen, dass es gelernt habe, mit dem Virus zu leben und seine zweite Infektionswelle besser einzudämmen als die erste, lobte Präsident Miguel Díaz-Canel. Für einen ikonischen Moment sorgte er, als er zur Verdeutlichung die Infektionskurve mit Filzstift auf ein Blatt Papier malte und dem Publikum vor den Fernsehgeräten präsentierte. In Kuba sind bisher 123 Menschen mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben.

»Bis es einen Impfstoff gibt, müssen wir lernen, die einzige Methode anzuwenden, von der wir gesehen haben, dass sie funktioniert: persönliche Verantwortung«, so der Präsident. Das Gesundheitssystem sei gut vorbereitet, das wirtschaftliche und soziale Leben könne wieder aufgenommen werden, sagte Díaz-Canel. Einen flächendeckenden Lockdown werde es nicht mehr geben. Masketragen wird in der »neuen Normalität« nur noch in Innenräumen und in Menschenansammlungen obligatorisch sein. Restaurants, Cafés, Theater, Kinos und Strände öffnen wieder, wenn auch mit reduzierter Kapazität.

Nun stehe die wirtschaftliche Erholung an. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Grenzöffnungen pünktlich zur beginnenden Tourismus-Hauptsaison von November bis März angekündigt werden. Wegen des coronabedingten Einbruchs des Tourismus und der verschärften US-Sanktionen fehlen Kuba wichtige Deviseneinnahmen. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschafts- und Versorgungskrise. Die in den vergangenen Wochen angestoßenen Wirtschaftsreformen müssten deshalb nun zügig umgesetzt werden, mahnte Díaz-Canel. Auch kündigte die Regierung die baldige Währungszusammenführung an. Über Details und Ablauf soll die Bevölkerung in den kommenden Tagen informiert werden.

»Die Pandemie war teuer für uns und hatte großen Einfluss auf unseren Staatshaushalt«, sagte Díaz-Canel. »Aber wir haben nach einem nicht verhandelbaren Prinzip gearbeitet: Das Wichtigste ist das Leben der Kubaner.«