Berlin. Um die Corona-Pandemie einzudämmen, wird der Teil-Lockdown in Deutschland voraussichtlich bis kurz vor Weihnachten verlängert. Die Ministerpräsidenten der Länder einigten sich am Montagabend darauf, dass die bislang bis Ende November befristen Maßnahmen zunächst bis zum 20. Dezember fortgeführt werden sollen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr. Eine endgültige Entscheidung soll bei Beratungen der Ländervertreter mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch fallen.
Bei einer Verlängerung des Teil-Lockdowns blieben Gastronomiebetriebe sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen, die seit Anfang November dicht sind, weiter geschlossen. Zudem würden weiter strikte Kontaktbeschränkungen gelten. Die Maßnahmen sollen dafür sorgen, die Zahl der Neuinfektionen deutlich zu reduzieren.
Im Gespräch waren zudem schärfere Kontaktbeschränkungen für private Treffen und eine erweiterte Maskenpflicht an Schulen. Unklar blieb, ob die Anti-Corona-Maßnahmen ab 20. Dezember immer um jeweils 14 Tage verlängert werden sollen, wenn das Infektionsgeschehen nicht deutlich abnimmt - oder ob Mitte Dezember über den Kurs erneut beraten wird. Offen blieb auch, ob es Ausnahmen für Gebiete mit niedrigen Infektionszahlen geben wird - als Kriterium ist die Rede von weniger als 35 oder weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen und einer sinkenden Tendenz.
Die Diskussionen der Ministerpräsidenten dauerten viereinhalb Stunden. Anschließend wurde von guten Beratungen gesprochen. Am Dienstag soll es gegen Mittag erneut Verhandlungen der Chefs der Staatskanzleien mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) geben. Es wurde erwartet, dass im Laufe des Tages ein Papier erstellt wird, auf dessen Grundlage am Mittwoch mit Merkel beraten werden soll.
In Länderkreisen wurde nach dpa-Informationen Skepsis geäußert, ob die Kanzlerin mit den Vorschlägen der Länder zufrieden sein wird. In diesen Kreisen wurde erwartet, dass der Bund bei Regelungen zu Schulen sowie Vorgaben zu Weihnachten strengere Vorgaben durchsetzen will, als die Länder zu beschließen bereit sind. Merkel war bei Beratungen vor einer Woche mit einem Vorschlag für weitergehende Kontaktbeschränkungen und strengere Regeln in den Schulen am Veto der Länder gescheitert.
Die Kanzlerin will am Donnerstag nach den Beratungen mit den Ländern eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben, wie Regierungssprecher Steffen Seibert ankündigte.
Die Bundesregierung hat bereits in Aussicht gestellt, die Novemberhilfen zur finanziellen Unterstützung der von Schließungen betroffenen Firmen sowie Solo-Selbstständigen wie Künstlern zu verlängern, falls der Teil-Lockdown ausgedehnt wird. Dies dürfte weitere Milliarden kosten. »Wenn wir die Corona-Maßnahmen verlängern, müssen auch die Hilfen verlängert werden«, sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
In einem Papier, das als Grundlage für die Beratungen am Montagabend galt und der Deutschen Presse-Agentur vorlag, hieß es, zwar hätten sich die Corona-Zahlen auf hohem Niveau stabilisiert. Es könne aber längst keine Entwarnung gegeben werden. »Denn nach wie vor sind die Infektionszahlen vielerorts zu hoch. Die erhoffte Trendwende konnte im November noch nicht erreicht werden, bisher ist lediglich ein «Seitwärtstrend» zu beobachten.«
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach verteidigt die geplante Verlängerung und teilweise Verschärfung der staatlichen Corona-Beschränkungen. Anders könnten Fallzahlen vor Weihnachten nicht ausreichend gesenkt werden, »also sind Verlängerung und Verschärfung notwendig«, sagte er der »Augsburger Allgemeinen« (Dienstag). Bei der Eindämmung der Pandemie müsse gerade in den Schulen und bei privaten Treffen mehr erreicht werden.
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, pocht darauf, dass Pflegeeinrichtungen trotz der aktuell hohen Corona-Infektionszahlen weiter Besucher einlassen. Heimbewohner sollten selbst entscheiden, ob sie Besuch empfangen möchten, sagte er der »Passauer Neuen Presse« (Dienstag). Ausreichend medizinische Schutzausrüstung sei da. »Da gibt es keinen Mangel mehr.«
Der Deutsche Städtetag sprach sich bei wachsendem Infektionsgeschehen für Stufenpläne in Schulen in allen Ländern aus. »Für die Städte ist wichtig, dass vor allem im eigenen Bundesland Klarheit herrscht, wann Präsenzunterricht reduziert werden muss«, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung der Deutschen Presse-Agentur. Es mache vielen Städten Sorge, dass die Infektionen und notwendige Quarantäne-Anordnungen in den Schulen zunehmen.
»Die Städte wollen guten Unterricht für junge Menschen auch während der Pandemie«, so Jung. »Wir wollen die Schulen so lange es geht offenhalten. Aber wir brauchen auch praxistaugliche Handlungsszenarien, damit Schulen auf hohe Infektionszahlen angemessen reagieren können.« dpa/nd