Ausgefallene Kreuzfahrten und Streit um Gutschein-Regelung

Rund um die Corona-Pandemie und die Verbraucherrechte

  • Lesedauer: 4 Min.

Zahlreiche Kreuzfahrtveranstalter in ganz Europa sehen sich aufgrund der Corona-Krise gezwungen, ihre Reisen abzusagen oder zu verschieben. Landausflüge werden geändert oder gestrichen. Bleibt die Frage: Welche Rechte haben die Passagiere? Die neue Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland gibt darüber Aufschluss.

Absage abwarten oder selbst stornieren?

Wie eine gut gedachte Regelung ins Leere läuft ...

Mit dem »Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsrecht« hatte der Gesetzgeber im Mai verhindern wollen, dass Veranstalter durch Erstattungen für geplante Musik-, Kultur-, Sport- und sonstige Freizeitveranstaltungen in erhebliche Liquiditätsprobleme kommen und damit in ihrer Existenz bedroht sind.

Den Kartenbesitzern darf deswegen auch ein Gutschein übergeben werden. Dieser kann entweder für eine Nachhol-Veranstaltung oder eine alternative Veranstaltung bis zum Ende des Jahres 2021 eingelöst werden.

Doch die Praxis macht deutlich, wie eine gut gedachte Regelung ins Leere läuft. So wie im Fall einer 93-jährigen Verbraucherin, die für ein Konzert von Ute Freudenberg im Hotel ihres Heimortes eine Karte für sich selbst zum Preis von 50 Euro erworben hat. Das Konzert wird nach Mitteilung des Veranstalters um mehr als anderthalb Jahre verschoben und der Gutschein ausgestellt. Eine außergerichtliche Klärung mit dem Veranstalter ist gescheitert, damit bliebe nun ein angesichts der Umstände nicht unbedingt sinnvoller Klageweg.

Der Gesetzgeber hat allerdings auch im Blick gehabt, dass angesichts persönlicher Umstände die Aushändigung eines Gutscheins unzumutbar sein kann und deshalb eine Rückzahlung des gezahlten Eintrittspreises erfolgen muss. Laut Gesetzgeber dürften die Voraussetzungen dieser Ausnahme vom Gutschein etwa dann erfüllt sein, »wenn der Inhaber einer Eintrittskarte die Veranstaltung im Rahmen einer Urlaubsreise besuchen wollte und einen Nachholtermin nur unter Aufwendung hoher Reisekosten wahrnehmen könnte [...] oder der Inhaber des Gutscheins ohne die Auszahlung des Gutscheinwerts nicht in der Lage ist, existenziell wichtige Lebenshaltungskosten wie Miet- und Energierechnungen zu begleichen.«

Aus Sicht der Verbraucherzentrale Brandenburg hat auch die 93-jährige Verbraucherin einen gesetzlichen Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises - eine Ausnahme, die seitens des Veranstalters auch ohne Gerichtsverfahren akzeptiert werden sollte. VZB/nd

Wurde die bereits zu Jahresbeginn gebuchte Kreuzfahrt aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt, muss der Reiseveranstalter den kompletten Reisepreis erstatten. Für Kreuzfahrten, die vor dem 8. März 2020 gebucht wurden, darf er einen Gutschein anbieten.

Allerdings entscheidet der Passagier, ob er den Gutschein annimmt oder nicht. Lehnt er ab, steht ihm der komplette Reisepreis zu.

Möchte der Veranstalter den Termin auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, gilt das Gleiche. Wer hingegen selbst storniert, weil er zum Beispiel zu einer Risikogruppe gehört, kann dies bis zum Abreisetag tun, muss aber meist mit hohen Stornogebühren rechnen.

Tipps für Kreuzfahrer

Neben konkreten Antworten auf rechtliche Fragestellungen enthält die Internetseite auch allgemeine Tipps für Kreuzfahrer: welche neuen Regeln in Corona-Zeiten an Bord gelten, welche Einrichtungen und Dienstleistungen an Bord eventuell nicht genutzt werden können und ob man einen COVID-19-Test braucht. Zudem wird erklärt, worauf Passagiere achten müssen, wenn sie von Bord aus nach Hause telefonieren möchten. Das kann über das Schiffsnetz nämlich ziemlich teuer werden.

Mehr zu Kreuzfahrten in Corona-Zeiten: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland. Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz e. V., Bahnhofsplatz 3, 77694 Kehl, Tel. +49 (0) 78 51 991 48-50, Fax +49 (0) 7851 991 48-11 oder info@cec-zev.eu und www.cec-zev.eu
Beachten Sie auch: Rechte von Schiffsreisenden & Kreuzfahrtpassagieren

Rechte der Verbraucher nach dem Bund-Länder-Corona-Gipfel

Seit dem 2. November 2020 galten zunächst bis Ende November verschärfte Corona-Regelungen, die beim Bund-Länder-Gipfel in Berlin beschlossen worden waren. Robert Bartel, Jurist von der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB), klärt über die Rechte der Verbraucher auf, wenn Reisen, Konzerte und Veranstaltungen ausgefallen waren oder Fitnessstudios geschlossen hatten.

Kann ich für November geplante Reisen im Inland nun kostenfrei stornieren?

Vom 2. bis 30. November galt ein allgemeines touristisches Übernachtungsverbot in ganz Deutschland, also wieder ein Beherbergungsverbot. Daher haben Sie für bereits gebuchte Pauschalreisen im Inland sowie private Hotel- oder auch Übernachtungen in Ferienwohnungen für den Zeitraum einen Erstattungsanspruch. Anders sieht es bei innerdeutschen Bahn- und Flugreisen aus: Soweit diese nicht ausfallen, sind Sie auf Kulanz angewiesen.

Wie sieht es für diese Zeit bei Reisen ins Ausland aus?

Für Länder mit Reisewarnung ist die Lage weiterhin klar, dort haben zumindest Pauschalreisende ein kostenfreies Stornierungsrecht. Ob sich mit dem Beschluss darüber hinaus etwas ändert, ist unklar. Sie sollten sich in jedem Fall rechtlich beraten lassen, bevor Sie den Vertrag stornieren und damit Stornokosten in Kauf nehmen.«

Was mache ich mit im November gebuchten Theatertickets?

Theater, Opern, Kinos, Freizeitparks und Museen mussten schließen. Wenn Sie für den Zeitraum der Schließung bereits ein Ticket erworben hatten, haben Sie einen Erstattungsanspruch, da die Leistung nicht erbracht werden kann. Sie müssen derzeit keinen Gutschein akzeptieren. Die gesetzliche Gutscheinregelung bezieht sich nur auf Veranstaltungen, für die Verbraucher*innen die Tickets vor dem 8. März 2020 gebucht hatten. Wir empfehlen Ihnen aber, einmal ins Kleingedruckte Ihrer Buchung zu schauen. Nach den Erfahrungen des Frühjahrs haben viele Veranstalter einen möglichen Ausfall schon einkalkuliert und Sonderregelungen geschaffen.

Ich konnte wegen der neuen Regelungen nicht im Fitnessstudio trainieren. Bekomme ich mein Geld zurück?

Das kommt darauf an, ob Sie im Sportverein oder im Fitnessstudio trainieren. Ihre Mitgliedschaft im Verein ist nicht an Trainingsmöglichkeiten geknüpft. Sie zahlen vielmehr fürs Mitgliedsein. Anders im Fitnessstudio: Dort muss Ihnen der Betreiber den Betrag für die Zeit erstatten, in der das Studio schließen musste. Auch hier gilt: Wenn Sie Ihren Fitnessstudio-Vertrag vor dem 8. März 2020 abgeschlossen haben, kann Ihnen der Betreiber anstatt der Rückzahlung einen Gutschein anbieten. VZ/nd

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