nd-aktuell.de / 16.12.2020 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 15

Lkw-Hersteller wollen klimaneutral werden

Lastwagen sollen bis 2040 ohne fossile Brennstoffe fahren

Kurt Stenger

Europas Lastwagenhersteller haben sich verpflichtet, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Wie der Branchenverband ACEA am Dienstag mitteilte, sollen zu diesem Zweck spätestens ab 2040 alle neu verkauften Lastwagen ohne Diesel fahren. »Wenn der Straßengüterverkehr seine Rolle im Dienste der Gesellschaft beibehalten soll, müssen wir so schnell wie möglich von fossilen Kraftstoffen wegkommen«, sagte Henrik Henriksson, Vorsitzender des ACEA-Nutzfahrzeugausschusses und Chef von Scania. Neben dem schwedischen Konzern tragen auch Daimler, Volvo, MAN, DAF, Ford und die Iveco-Mutter CNH Industrial die Erklärung mit.

Das Ungewöhnliche an der Selbstverpflichtung: Die Lkw-Hersteller haben zuvor wissenschaftliche Beratung beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) eingeholt, das die Erklärung mit unterzeichnet hat. PIK-Leiter Johan Rockström sprach von einem »ersten Schritt für die Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft in einer strategischen Partnerschaft, um auf der Grundlage wissenschaftlicher Informationen den Übergang zur Nachhaltigkeit zu beschleunigen«. Emissionsfreie Fahrzeuge würden nicht nur die CO2-Emissionen senken, sondern auch die Luftqualität weiter verbessern, so der Erdsystemforscher.

Auch bei schweren Nutzfahrzeugen gibt es längst technische Entwicklungen jenseits der Verbrennungsmotoren. In diesem Jahr sind verschiedene Modelle mit Brennstoffzellen oder Elektroantrieb auf den Markt gekommen. Zudem wird auf mehreren Autobahnstrecken die Stromversorgung mittels Oberleitungen erprobt. Die Hersteller fordern politische Unterstützung. Das Klimaziel könne nur erreicht werden, wenn die richtige Infrastruktur zum Laden oder Betanken aufgebaut werde. Ferner brauche es einen »schlüssigen politischen Rahmen«, um den Übergang voranzutreiben. Dazu gehöre eine umfassende CO2-Bepreisung, da Diesel bislang am billigsten sei, sowie Straßenbenutzungsgebühren, die am CO2-Ausstoß ausgerichtet sind.

Die Konzerne verfolgen dabei ein Kalkül: Setzen sie weiter auf Verbrennungsmotoren, hätte die Politik zum Erreichen der Klimaziele keine Alternative, als für eine weitgehende Verlagerung des Güterfernverkehrs auf die Schiene zu sorgen. Für die Hersteller ein Schreckensszenario. Mit ihrem Vorstoß zeigen sie einerseits guten Willen und machen andererseits ihr eigenes CO2-Senkungspotenzial deutlich.

Ein ähnliches Kalkül dürfte der bereits am Montag veröffentlichte »Masterplan« der deutschen Luftverkehrsbranche verfolgen. Die schwer von der Coronakrise gebeutelten Flughäfen und Airlines kündigen darin an, ebenfalls langfristig klimaneutral wirtschaften zu wollen. Die CO2-Emissionen sollen unter anderem durch energieeffizientere Flugzeuge und einen nachhaltigen Kraftstoff gesenkt werden. Auch die Anbindung an die Schiene will die Branche verbessern.