Wo es am schönsten ist

Sowieso geht alles vorbei, auch die Kolumne »Sowieso«. Die Personen wechseln, das System bleibt gleich, und Kekse sind auch noch da

  • Adrian Schulz
  • Lesedauer: 2 Min.

»Willkommen zuhause«: Der RTL-Slogan passt auf alles, nicht nur auf die aktuelle Daheimbleiblage. Denn zu Hause ist bekanntlich, wo man sich wohlfühlt. Warum um alles in der Welt sollte man gerade da nicht willkommen sein? Eben. Schlaue Vögel (metaphorisch für: Menschen) wissen natürlich, dass da gehörig der Grammatikkobold gehaust hat, also in diesem RTL-Zuhause. Korrekterweise müsste es selbstverständlich »Will nach Hause kommen« heißen. Aber seien wir ausnahmsweise nicht so streng. Es ist bald Weihnachten, das Jahr schon schwer genug, und überhaupt: Willkommen zu Hause!

Ihren gewohnt vergnüglichen Blick auf diese heimelige Kolumne, liebe Leser*innen, möchte ich mit einer frohen und einer weniger frohen Botschaft unterbrechen. Zuerst die weniger frohe: Das hier ist die letzte Ausgabe. Ich muss jüngeren, schöneren und vor allem energieeffizienteren Modellen weichen. Das ist der Lauf des Lebens, das weiß ich als hiermit zweifacher Ex-Kolumnist und Vorletzter von 40 Teilnehmer*innen des Trimm-dich-fit-Tages Höxter-Brakel 2009, gesponsert von der Sparkasse Weserbergland und »Fressnapf«, nur allzu gut.

Nun aber die frohe Botschaft: Willkommen zu Hause! Das meine ich keineswegs zynisch, möchte vielmehr in diesem letzten, blutigen, saftgespickten Bissen einer reichhaltigen geistigen Weihnachtsmahlzeit eine radikale These wagen, die viele von Ihnen sich, so oder ähnlich, ohnehin schon gedacht haben dürften: Alle Kolumnen sind gleich. Eben weil sie Kolumnen sind. Insofern ist es völlig egal, wer hier die Zeilen für den Gegenwert einer fetten Tiefkühlgans füllt. Sie merken den Unterschied ohnehin nicht, und das ist gut so. Denn so müssen Sie sich nicht umgewöhnen, werden nicht enttäuscht und leiden - anders als die Gans, die für uns frieren muss - nicht.

Da, wenn Sie nicht leiden, auch ich nicht leide, ist allen geholfen, und allen geht es gut. Wir sind zusammen ausgeritten, durch Hipps und Hupps gegangen und kehren nun, erschöpft, aber glücklich ins traute Heim zurück: Willkommen zu Hause! Aus lauter Überschwang möchte ich mich nun für noch höhere, noch ehrenvollere Aufgaben bereit erklären, falls es solche überhaupt geben sollte. Gerne lasse ich mich für eine beträchtliche Summe Geld vom Burda-Verlag oder dem Publisher des Kundenmagazins der Sparkasse Weserbergland aufkaufen, berichte aus dem Pflegeheim meiner Gedanken über das Nacktangeln und gehe ganz in meiner neuen Rolle als Elder Statesman auf.

Wenn ich der mal nicht schon immer war: Willkommen zu Hause! Bleiben Sie dran.

Dies ist die letzte Folge von »Sowieso« von Adrian Schulz. Wir bedanken uns herzlich für die gute Zusammenarbeit.

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