nd-aktuell.de / 13.01.2021 / Kommentare / Seite 11

Zeit für einen Mietstreik

Marie Frank will Immobilienbesitzer an der Krise beteiligen

Marie Frank

Es ist bedauerlich, dass das Abgeordnetenhaus das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen nicht übernehmen wird - auch wenn es erwartbar war. Denn jetzt in der Pandemie zeigen sich die Probleme eines zu schwach regulierten Immobilienmarktes, der einzig auf Rendite ausgerichtet ist, besonders deutlich. Schließlich gehören Immobilienbesitzer*innen neben Ausbeuterkonzernen wie dem Online-Riesen Amazon zu den großen Krisengewinnern.

Während die Betreiber*innen von Spätis, Gaststätten oder der kleinen Buchhandlung nebenan nicht wissen, wie sie angesichts der Einnahmeausfälle ihre nächste Miete bezahlen sollen - und zwar sowohl die für ihren Laden als auch für ihr Dach überm Kopf -, läuft das Geschäft mit Immobilien weiter blendend. Der Mietzins-Rubel rollt, daran ändert auch eine Pandemie nichts.

Dabei wäre es dringend angezeigt, Mieter*innen zu entlasten und Vermieter*innen an der Krise zu beteiligen. Es kann nicht sein, dass die einen unverschuldet um ihre Existenz bangen, während die anderen nicht wissen, wohin mit dem ganzen Geld, und sich schnell noch eine Wohnung oder ihr Aktiendepot vergrößern, um ihr leistungsloses Vermögen noch weiter zu vermehren. Um das zu ändern, braucht es staatliche Eingriffe in den privaten Wohnungsmarkt. Die Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen mit mehr als 3000 Wohnungen ist dafür ein erster wichtiger Schritt.

Doch Enteignungen scheinen für Parteien wie die SPD nur beim Bau von Autobahnen und Kohlekraftwerken legitim zu sein, nicht aber für das Recht auf Wohnen. Die Millionen Mieter*innen in Berlin werden es ihnen bei den Wahlen im Herbst danken. Bis es so weit ist, wartet noch viel Arbeit auf die Initiativen, denn mit der Sammlung der Unterschriften für das Volksbegehren ist die Arbeit noch lange nicht getan.

Selbst wenn das Vorhaben erfolgreich sein sollte, ist das Problem mit den Gewerbemieten damit noch lange nicht vom Tisch. Eine Lösung wäre ein Mietstreik von privaten und gewerblichen Mieter*innen. Das würde nicht nur eine finanzielle Entlastung der gebeutelten Arbeiter*innenklasse bedeuten, sondern auch den nötigen Druck aufbauen, damit das Recht auf Wohnen endlich wichtiger wird als das Recht auf eine satte Rendite.