nd-aktuell.de / 23.01.2021 / Kommentare / Seite 14

Ich komme mit »Gender« in dein Lieblings-Videospiel

Jeja Klein rechnet ab mit dem Sexismus in »The Legend of Zelda«.

Jeja Klein

Seitdem ich ein Kind bin, spiele und liebe ich »The Legend of Zelda«. Auf dem ganz alten Game Boy von 1989 konnte man sich den Helden Link wegen der lustigen Zipfelmütze und des Graustufen-Bildes auch als langhaarige Heldin imaginieren. In meiner kindlichen Vorstellungswelt, die noch nicht so viel von den Regeln der echten Welt da draußen wusste, war das jedenfalls naheliegend. Doch der der Erzählung zugrunde liegende Frauenhass schmälerte meine Freude am Game, je mehr ich verstand, was im Lande Hyrule eigentlich so abgeht.

Da ist natürlich die nervige alte Idee, die seit den Achtzigern mit fast jedem Zelda-Titel neu aufgewärmt wird: Prinzessin Zelda, die jugendliche, heiße Alte, hat es mal wieder fertiggebracht, sich vom Obergauner Ganondorf kidnappen zu lassen. Der ist zufällig Angehöriger eines Wüstenvolkes, hat einen bräunlich-grünen Hautton und eine auffällig große Nase. Die Medienkritikerin Anita Sarkeesian brachte vor einigen Jahren mal wieder die Jungs der internationalen Gaming-Community auf die Palme, weil sie auf das Banalste auch bei Zelda hinwies: Die Reihe folgt, auch mit dem neusten Titel von 2017, »Breath of the Wild« (Nintendo Switch), unnötigerweise dem misogynen Stereotyp der Jungfrau in Nöten (»damsel in distress«), die es mit der richtigen Manpower zu retten gilt.

Auch wenn Prinzessin Zelda über die Jahre hinweg gewisse magische Fähigkeiten und Macht hinzugewonnen hat oder in »Ocarina of Time« (Nintendo 64, 1998) als Mann verkleidet (!) plötzlich selber den Bösewichtern in den Arsch treten kann, muss ich mir im aktuellen Titel wieder einmal anhören, wie sie mit einer »sexy« Mädchenstimme nach Hilfe haucht. Nervig, aber ich hab mich dran gewöhnt. Doch »Breath of the Wild« schafft es, auf den Haufen Scheiße noch eine weitere Schippe draufzulegen.

Das Volk der Gerudo, dem auch Ganondorf entstammt, ist ein weitgehend nur aus Mädchen und Frauen bestehendes Geschlecht unter den Völkern Hyrules. Wir dürfen also, na logo, die ewige Männerfantasie des Eindringens in einen Frauenraum in die Tat umsetzen, denn die Gerudos dulden in ihrer Stadt keine Männer. Unser hehres Anliegen, die Welt zu retten, rechtfertigt, dass wir die Hilfe von niederen Kreaturen annehmen: Ein böses Stereotyp einer transgeschlechtlichen Frau als »Mann in Frauenkleidern«, der regelmäßig in die verbotene Zone eindringt, überreicht uns ein Bauchtanzoutfit mit Gesichtsschleier.

In der Gerudo-Stadt selber treffen wir dann auf die über zwei Meter großen Gerudo-Frauen, die beinahe alle gleich aussehen: spindeldürr, muskelbepackt, Wespentaille, Klamotten wie aus einem Pornofilm. Wie Frauen eben untereinander »wirklich« sind, wenn sie nicht unter männlicher Beobachtung so tun, als seien sie frigide Spaßbremsen. Wir jedoch durchschauen die Maskerade der Damen, weil wir uns als eine von ihnen ausgeben. Und worüber reden solche Frauen »unter sich«? Über süße Männer, na klar! Die Gerudo-Frauen schaffen es gleichzeitig, unendlich heterosexuell zu sein (jedes Mädchen wird ab einem bestimmten Alter rausgeschmissen, um da draußen »einen Mann zu finden«), als auch Link, den sie für eine junge Hylianerin halten, notorisch sexuell zu kommentieren. Also gerade so geil lesbisch, dass Männer keinen Anlass haben, zu glauben, sie seien gar nicht gemeint. Die Gerudos sind körperlich überlegen und bis an die Zähne bewaffnet, symbolisieren also alles, was am anderen Geschlecht bedrohlich und bestrafend, darin aber wiederum sexuell aufregend wirken kann. Die Aufwertung des männlichen Egos besteht nämlich darin, eine solche Frau zu erobern, sodass man Zugang zu ihrem Körper erhält, ihrem Zorn jedoch entgeht.

Gerüchte besagen, dass 2021 der Nachfolger von »Breath of the Wild« erscheinen soll. Wie wär’s also, Prinzessin Zelda schnetzelt diesmal die Monster zwischen Todesberg und Vergessenen Wäldern, während Link in irgendeinem räudigen Kerker sexy auf seine Rettung wartet?