nd-aktuell.de / 03.02.2021 / Ratgeber / Seite 22

Gemeinsame Mutterschaft für lesbisches Paar

Zwei Frauen kämpfen für eine Reform des Abstammungsrechts

Zwei Frauen aus dem Landkreis Hildesheim kämpfen vor dem Oberlandesgericht Celle dafür, dass beide Frauen vom Staat als Mütter ihrer Tochter Paula anerkannt zu werden. Es gehe um eine rechtliche Gleichstellung mit heterosexuellen Ehepaaren, sagte Gesa Teichert-Akkermann (45), die Paula im Februar 2020 zur Welt brachte.

Verfassungswidrig diskriminiert

Ihre Ehefrau Verena Akkermann (48) sei eine der beiden Mütter. Paula kenne ihre Stimme seit der Schwangerschaft. Nach derzeitiger Rechtslage stehe ihrer Partnerin aber nur das langwierige Verfahren der Stiefkindadoption offen.

Dies ist aus Sicht der beiden Frauen eine »verfassungswidrige Diskriminierung«. Denn bei heterosexuellen Ehepaaren werde der Vater automatisch in die Geburtsurkunde eingetragen, auch wenn das Kind zum Beispiel mit Hilfe einer Samenspende entstanden ist.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle beschäftigte sich Mitte Januar 2021 mit dem Fall, nachdem Anträge der Familie aus Schellerten in erster Instanz vom Amtsgericht Hannover und Amtsgericht Hildesheim abgewiesen wurden. »Wir haben dem Oberlandesgericht ganz persönlich geschildert, was es für Paula und uns bedeutet, dass queere Familien bei der Anerkennung von Elternschaft diskriminiert werden«, sagte die 45-jährige Gesa Teichmann-Akkermann nach der mehr als zweistündigen Anhörung. »Wir kämpfen nicht nur für uns selbst, sondern für die Rechte aller Regenbogenfamilien.« Das Gericht will laut einem Sprecher seine Entscheidung in wenigen Wochen schriftlich übermitteln.

Der nd-Ratgeber wird zu gegebener Zeit über den Ausgang des Verfahrens vor dem OLG Celle berichten.

Regelung nach BGB übernehmen?

Das Frauenpaar wird von der Rechtsanwältin Lucy Chebout und der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt. Dabei geht es um die Rechtsfrage, ob die Regelung zur Eltern-Kind-Zuordnung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), die sich dem Wortlaut nach auf Ehemänner bezieht, auch auf Ehefrauen angewendet werden kann oder sogar muss.

Die derzeitige Regelung gehe in erster Linie zu Lasten der Kinder in queeren Familien, erklärte die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das Standesamt hatte es abgelehnt, Verena Akkermann als zweite Mutter in die Geburtsurkunde einzutragen. Paula habe damit rechtlich nur eine Mutter und gegenüber ihrer zweiten Mutter keinen Anspruch auf Unterhalt, Versorgung oder Erbe. Die 48-Jährige benötige selbst für einen Arztbesuch mit der Tochter die Vollmacht ihrer Ehefrau. Dieses Problem stellt sich auch für Paare, bei denen ein Partner keinen Geschlechtseintrag oder einen divers-Eintrag hat.

Gesetzentwurf im Umlauf

Nach Auskunft des Bundesjustizministeriums ist eine umfassende Reform des Abstammungsrechts in Arbeit. In einigen Bereichen seien Gleichstellung, Vereinfachung und Entlastung aber so dringend erforderlich, dass sie schon vorab geregelt werden sollen, sagte ein Ministeriumssprecher. So befinde sich ein im letzten Sommer an die anderen Ressorts übersandter Gesetzentwurf derzeit in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Im Zentrum dieser Teilreform stehe die Einführung einer gleichrangigen Mutterstellung zweier Frauen kraft Ehe und kraft Anerkennung, sagte der Sprecher.

Wie schon 2018 der BGH urteilte

Das Oberlandesgericht Celle ist nicht das erste hohe Gericht, das sich mit der Elternschaft eines lesbisches Paar beschäftigt. Im Herbst 2018 urteilte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dass nach der Einführung der Ehe für alle ein Frauen-Paar nicht automatisch gemeinsam Eltern werden könne. Notwendig sei eine Reform des Abstammungsrechts, hieß es damals.

»Wir hoffen, dass das Gericht erkennt, dass auch ich Mutter von Paula bin«, sagte Verena Akkermann. »Wenn die Klage abgewiesen und Revision nicht zugelassen wird, ziehen wir vor das Bundesverfassungsgericht.«dpa