Proteste gegen Cola-Brunnen

Lüneburger Initiative wehrt sich gegen US-Brausekonzern

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Als sich am Dienstagnachmittag im niedersächsischen Lüneburg die Nachricht verbreitet hatte, »morgen beginnt Coca-Cola das Probepumpen am neuen Brunnen«, startete die Bürgerinitiative »Unser Wasser« sogleich einen Aufruf im Internet: Zum Protestspaziergang sollten sich am Mittwoch alle Bürgerinnen und Bürger treffen, die nicht möchten, dass der US-amerikanische Weltkonzern noch mehr Trinkwasser als bisher für kommerzielle Zwecke abschöpft.

Das Unternehmen Apollinaris, das seit 2006 zu Coca-Cola gehört, nutzt hier das wertvolle Nass aus der Tiefe zur Produktion des Mineralwassers Vio. Jährlich wurden bisher aus zwei Brunnen im Stadtgebiet insgesamt 350 000 Kubikmeter gepumpt. Vor etwa einem Jahr beantragte der Konzern beim Landkreis Lüneburg die Erlaubnis, aus 195 Metern Tiefe in der fünf Kilometer östlich Lüneburgs gelegenen Ortschaft Reppenstedt weitere 350 000 Kubikmeter für Vio fördern zu dürfen. Einer solchen Genehmigung muss ein Probepumpen aus dem neu angelegten, nunmehr dritten Brunnen vorausgehen.

Am Mittwoch begann das Unternehmen nun mit der Pumperei unter Aufsicht von Experten des Landratsamtes, geschützt von der Polizei und kritisch beäugt von Gegnern. Bis 118 000 Kubikmeter Grundwasser dürfen probeweise gefördert werden, so hat es die Kreisverwaltung erlaubt. Gutachter werden das Pumpen auswerten und zur Frage Stellung nehmen, inwieweit mit Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Vom Ergebnis der Untersuchungen hängt ab, ob und in welchem Umfang die Behörde die Wasserentnahme aus dem neuen Brunnen genehmigt.

Gegen den neuen Brunnen hatten Unbekannte unlängst protestiert, indem sie Schutt und Müll auf das Gelände kippten. »Auf das Schärfste« verurteile sie solch ein Vorgehen, kommentiert die Bürgerinitiative »Unser Wasser« diese Aktion. Die BI streite »ausschließlich mit demokratischen Mitteln unter Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien«. Dazu zählt sie eine Informationskampagne, mit der sie deutlich machen will, dass jede zusätzliche Entnahme die nutzbare Wassermenge verknappe.

Knapp werde es nicht zuletzt durch die auch im Raum Lüneburg zunehmende Dürre und die damit verbundene geringere Grundwasserneubildung, gibt die Initiative zu bedenken und mahnt: »Wasser ist keine Handelsware«, wie es auch in der EU-Wasserrichtlinie steht. Und angesichts der Endlichkeit dieser wertvollen Ressource sei es nicht hinnehmbar, dass kostbares Tiefengrundwasser über lange Zeiträume »an einen international agierenden Konzern vergeudet« und »zu einem sehr geringen Preis« indus-triell genutzt wird.

Wie die Nutzung des Wassers dem pumpenden Unternehmen wirtschaftlich zugute kommt, hat die Verfasserin einer von 92 000 Menschen mitgetragenen Petition gegen den neuen Brunnen vorgerechnet. Danach kostet das Grundwasser den Konzern pro Liter 0,009 Cent, verkauft wird der Liter im Handel für 77 Cent. Zu den Ausgaben auf dem Weg zum neuen Brunnen informiert die Bürgerinitiative: Coca-Cola investiere bereits für den Pumpversuch viel Geld. Ein Meter Tiefbohrung koste zwischen 2500 und 4000 Euro. Der Konzern gehe davon aus, eine Fördererlaubnis im beantragten Umfang zu erhalten. »Wenn Firmen große Investitionen tätigen, entsteht gleichzeitig Druck auf die Politik, den Anträgen zu entsprechen«, so die Initiative.

Sie wird der Politik auch über den Tag des Probepumpens hinaus ihren Unmut kundtun. Ihren Mitstreitern rät sie für künftige Demos zu Protestschildern mit deutlichen Versprechen wie etwa: »Wir nehmen es nicht widerstandslos hin, dass Wasserpiraten unser gutes Grundwasser zu ihrem Riesenprofit abpumpen.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal