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Mehr Bettgeschichten!

Sonntagmorgen

  • René Hamann
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Klappbett war die Idee meiner Mutter. Ich bekam es als Zehnjähriger, und ich schlief sehr lange und sehr gut darin. Es war platzsparend, und es hatte mehrere Schränke gleich greifbar über und neben mir, es hatte innen logischerweise eine Ritze, in der man auch etwas abstellen konnte, aber was der gesparte Platz eigentlich bringen sollte, schließlich hatte ich auch so ein genügend großes Zimmer ganz allein für mich, wurde mir nie ganz klar.

Aber als Zehnjähriger zweifelt man noch nicht an allem, im Gegenteil, man nimmt es so hin, wie es kommt. Gut, hatte ich halt ein Klappbett, immerhin neu und anders kam es daher, schön grünes Furnier. Manchmal klappte ich es tagsüber noch funktionsgerecht zusammen, nach einer Weile aber seltener, und am Ende fast gar nicht mehr. Nachts teilte ich das Bett mit meinen Kuscheltieren, oder mit dem Hund, einem Cocker, der sich gern über meine länger werdenden Beine mokierte, und später mit der ersten und noch etwas später der zweiten Liebe meines Lebens. Als ich schon längst ausgezogen war, um in der Großstadt Drogen zu studieren, stand das Klappbett noch, ein Zimmer weiter, bei den Eltern im Gästezimmer. Für wenn ich mal Gast war zu Hause. Dann schlief ich immer noch in dem Klappbett, und auch das nicht immer allein.

Man könnte also eine Biografie anhand von Betten schreiben, die meisten machen ja ähnliche Erfahrungen: das Nest, die Wiege, das Gitterbett, das erste Einzelbett, das Klappbett, die Ausziehcouch, die einfache Matratze auf dem WG-Zimmer-Boden, das kleine Doppelbett, das Französische Bett, das Ehebett. Schlaf, Krankheit, Geschlechtsverkehr, Tod. Manch eine wuchs mit Geschwistern im Stockbett auf, da gab es ein natürliches Oben und Unten, mancher war stolz auf sein Hochbett, das selbstgeschraubt seltsamerweise doch die Sexquote senkte, Singles präferieren seit einiger Zeit das Boxspringbett, und am Ende wird aus dem Ehebett ein Krankenbett, und das war es dann.

In der Kulturgeschichte steht das Bett ganz oben, nein, meist eher hinten an. Der Film »Delicatessen« hat eine tolle Bettszene, in der die Federn mit einem Auf und Ab im Duett geprüft werden, ohne dass auch nur irgendjemand nackt sein musste. Loriot hatte eine typische Bettszene im Programm, das die prüden 1970er Jahre, ja doch, gut zeigte, eine ähnliche findet man auch in der hervorragenden Britcom »Coupling« aus den 2000er Jahren. »Das Bett im Kornfeld« aber ist schon nicht viel mehr als ein lüsterner Schlager, das »Flussbett« eine geografische Bezeichnung, die »Lagerstatt« respektive das Feldbett etwas aus alten Kriegsfilmen. Über Matratzen wird merkwürdigerweise inzwischen viel geredet, es dreht eine ganze Industrie schnelle Werbefilme für Online-Matratzen, dabei tauscht man die Matratze nur alle sieben bis acht Jahre aus, aber über Betten redet man nicht. Jedenfalls nicht über das eigentliche Material. Warum eigentlich nicht?

Quietschende Federbetten, zusammenbrechende Hochbetten, Stockbetten, die schwanken, da gibt es doch bestimmt reichlich Stoff. Also: mehr Bettgeschichten! René Hamann

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