nd-aktuell.de / 10.02.2021 / Ratgeber / Seite 19

Anspruch auf gleichen Lohn

Grundsatzurteil

Verdient eine Frau weniger als der Kollege mit dem mittleren Einkommen der Männer in vergleichbarer Position, gilt dies als Indiz für eine Diskriminierung, urteilte das BAG (Az. 8 AZR 488/19) am 21. Januar 2021. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, das zu entkräften.

Damit konnte eine Abteilungsleiterin bei der Landschaftlichen Brandkasse Hannover einen Zwischenerfolg erzielen. Sie hatte zunächst nach dem Entgelttransparenzgesetz eine Auskunft über die Einkünfte der männlichen Kollegen verlangt. Laut Gesetz muss der Arbeitgeber den sogenannten Median mitteilen - der Verdienst des Mannes, bei dem gleichviele Kollegen mehr und weniger verdienen.

Hier hatte die Klägerin erfahren, dass ihr Grundgehalt um 1006 Euro im Monat geringer ausfiel als das Median-Grundgehalt des entsprechenden männlichen Kollegen. Sie sah in der unterschiedlichen Bezahlung ein Indiz für eine Geschlechterdiskriminierung.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen urteilte, dass der statistische Median der Gehälter ihrer männlichen Kollegen kein Indiz für eine ungleiche Bezahlung sei. Dem widersprach nun das BAG und verwies das Verfahren an die Vorinstanz zurück. Das vom Arbeitgeber mitgeteilte höhere Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichspersonen lasse auf eine Benachteiligung wegen des Geschlechts schließen. Werde solch ein Indiz vorgebracht, sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Vermutung einer Diskriminierung zu widerlegen.

Dem kam das Versicherungsunternehmen nach. Weil die Frau beim Grundentgelt ebenso wie bei den Zulagen unter dem Median lag, klagte sie auf Zahlung der Differenz.

Mit seinem Grundsatzurteil stellte das BAG nun klar, dass ein Verdienst der Frau unter dem Median der Männer als Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts gilt. Der Arbeitgeber kann dies zwar entkräften, liegt hierfür aber in der Beweispflicht.

Das LAG muss nun von der Vermutung einer Diskriminierung wegen des Geschlechts ausgehen und prüfen, ob andere Gründe die ungleiche Bezahlung rechtfertigen, etwa unterschiedliche Ausbildungen und Berufserfahrungen bei höher entlohnten männlichen Kollegen.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes begrüßte das Urteil. Das höchstrichterliche Urteile erleichtere juristischer Verfahren bei Entgeltdiskriminierung. Agenturen/nd