nd-aktuell.de / 11.02.2021 / Politik / Seite 8

Linker Hüne

John Fetterman will US-Senator für Pennsylvania werden

Moritz Wichmann

Schon äußerlich straft John Fetterman alle rechten Klischees von den US-Demokraten als abgehobene Küstenintellektuelle Lügen. Mit seiner Glatze, seinem Ziegenbart und seinem einfachen Kleidungsstil könnte der Zwei-Meter-Hüne mit Abneigung gegen Anzüge gerade aus einem Stahlwerk spaziert sein. Tatsächlich hat Fetterman einen Harvard-Abschluss in Politikwissenschaft. Doch mit seinem No-bullshit-Stil und seinem persönlichen Einsatz verkörpert er »Arbeiterklasse« so sehr wie sonst kein anderer Politiker der US-Demokraten derzeit. Nun hat der 51-Jährige seine Kandidatur zu den Vorwahlen für die Senatswahlen 2022 erklärt - in Pennsylvania haben die Demokraten eine Chance, den Republikanern einen Sitz abzunehmen.

Fettermann stieg 2018 vom Bürgermeister der Rustbelt-Stadt Braddock zum Vize-Gouverneur von Pennsylvania auf. Als Sozialarbeiter war er nach Braddock gekommen, hatte persönlich leer stehende Häuser renoviert. Parteilinke begeisterte er mit der Unterstützung von Bernie Sanders Präsidentschaftskandidatur, Normalo-Demokraten mit seinen Auftritten im liberalen Kabelfernsehen nach der Präsidentschaftswahl 2020, wo er Pennsylvania gegen Republikaner-Wahlbetrugsvorwürfe verteidigte. Auf Twitter führt er eine knuffige öffentliche Beziehung mit seiner Frau und debattiert dort etwa die Unordnung in der Küche.

Sein Wahlkampfvideo ist voller subtiler Appelle an Trump-Wähler aus der weißen Arbeiterklasse. »Ich werde immer klar sagen, was ich denke und es ist ok, nicht überall einer Meinung zu sein.« Fetterman lehnt das Label »Progressiver« ab, obwohl er linke Themen vertritt: 15-Dollar-Mindestlohn, Cannabis-Legalisierung, eine Reform des Einwanderungsrechts und die Einführung der staatlichen Krankenversicherung Medicare For All. In wenigen Tagen erhielt Fetterman Wahlkampfspenden in Höhe von 1,5 Millionen Dollar von über 30 000 Kleinspendern - das zeigt Graswurzel-Enthusiasmus.