nd-aktuell.de / 17.02.2021 / Ratgeber / Seite 23

So gefährlich sind Null-Prozent-Finanzierungen wirklich

Ratenkauf ohne Zinsen

Hermannus Pfeiffer

Das Konzept »Kaufe jetzt - bezahle später« entstand im westdeutschen Wirtschaftswunderland bereits in den sechziger Jahren. Ob Plüschsofa, der erste Schwarz-Weiß-Fernseher oder ein flottes Goggomobil (damals war das ein beliebter Kleinwagen) - Millionen Menschen kauften fortan gerne auf Pump. Denn genügend Geld für die neue Konsumwelle hatte noch kaum jemand angespart, also ließ die Industrie den Rubel anders rollen - zur Freude der Banken. Bald boten auch Versandhändler und Kaufhauskonzerne, später fast jeder größere Einzelhändler den Konsum auf Raten an. Dieser war teuer. Teilweise wurden zweistellige Zinssätze für den Konsumkredit verlangt, der hinter jedem Kauf auf Raten steht. An all dem hat sich bis heute wenig geändert. Nur das Medium.

Heute ist das schwedische Unternehmen Klarna zu einem der wertvollsten Finanz-Start-ups in Europa mit jener Idee aufgestiegen. Nur heißt das Konzept jetzt: »Buy Now Pay Later«. Vergleichsweise neuartig ist allerdings, dass Klarna nicht mehr in der handfesten Konsumwelt agiert, sondern seine Geschäfte im Internet abwickelt.

Teure Prepaidkarte statt Mastercard in Gold

Kein Einzelfall. So trat in diesem Jahr beispielsweise auch das Unternehmen Scalapay in den deutschen Markt für Ratenkäufe ein. Das Unternehmen war zuvor im Heimatmarkt Italien und in Frankreich gestartet. Kunden können ihre Rechnung bei angeschlossenen Händlern über Scalapay in drei Raten zahlen, und zwar recht formlos. Wobei die erste Rate direkt beim Kauf fällig wird. Für diese bezahlen Kunden aber keine Zinsen.

Solche Geschäftsmodelle mag man generell als unseriös empfinden. Frühere Generationen sind gut damit gefahren, erst zu sparen, dann zu kaufen. Noch zweifelhafter als der klassische Ratenkredit sind andere Kreditangebote. »Ein Verbraucher wurde online auf eine Werbung für eine kostenlose goldene Mastercard sowie einen Kredit ohne Schufa-Prüfung aufmerksam«, berichtet Parsya Baschiri, Rechtsberater bei der Verbraucherzentrale Bremen. Hierfür müsse er nur seinen Namen, Anschrift und eine Kopie seines Personalausweises übermitteln.

Gesagt, getan. Postwendend erhielt der Mann per Nachnahmesendung einen Brief von einer Firma und sollte 59,90 Euro zahlen. »Die bestellte Kreditkarte war allerdings nicht im Umschlag und ein Darlehen hat er bis heute nicht erhalten«, so Baschiri. Stattdessen aber zahlreiche Mahnungen.

Diese Masche ist kein Einzelfall. Verbraucherschützer berichten von zahlreichen solcher Beschwerden. Meist seien die Betroffenen Menschen, die sich nicht anders zu helfen wüssten und aus Angst dann zahlten. Mit falschen Bewertungen und Gütesiegeln auf den Internetseiten werden Kunden angelockt. Geworben wird mit den Kreditkarten bekannter Anbieter.

Und dann kommen die Zahlungsaufforderungen

Verbraucher erhalten allerdings dann keine Kreditkarten mit dem erhofften Kreditrahmen, sondern eine sogenannte Prepaidkarte, die erst mit eigenem Geld aufgefüllt werden muss. Dafür soll der Kunde dann teuer und per Nachnahme bezahlen. Kosten von 60 bis 100 Euro sind die Regel. Später folgen eventuell noch weitere Rechnungen für Jahresnutzungsgebühren oder für die Verwaltung der Bonität.

Wenn Verbraucher nicht zahlen, werden sie mit Zahlungsaufforderungen genervt. Man droht mit einem Schufa-Eintrag oder sogar mit der Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. »Betroffene sollten sich rechtlichen Rat einholen, bevor Sie voreilig zahlen und das Geld dann wahrscheinlich nie wiedersehen«, rät Verbraucherschützer Baschiri.

Der rechtliche Rat eines Rechtsanwaltes könnte allerdings kostspieliger werden als der eigentliche Schaden. Deutlich günstiger ist die telefonische Beratung einer Verbraucherzentrale.

Übrigens: Jeder Kauf auf Raten ist ein Kredit - und der wird bei der Auskunftei Schufa gemeldet. Der Gesetzgeber hat den Banken mittlerweile verboten, den Kreditvertrag mit einer Restschuldversicherung zu koppeln (diese zahlt bei Ausfall des Kreditnehmers). Trotzdem haben viele Verbraucher zumindest den Eindruck, sie bekämen den Ratenkredit nicht, wenn sie nicht auch den Versicherungsvertrag unterschreiben.

Das gilt auf allen Vertriebswegen, in der Bank, im Internet oder wenn Sie beim Einzelhändler den Kreditvertrag unterschreiben.