Testen, Testen, Testen

Lehrer und später die Schüler sollen zum Infektionsschutz zweimal die Woche auf das Virus überprüft werden

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Grundschule am Koppenplatz in Mitte ist vorbereitet. An diesem Montag sollen die ersten Schülerinnen und Schüler zurück in den Präsenzunterricht kommen - nach zwei Monaten pandemiebedingter Pause in der Daheimschulung. »Wir erwarten die Jahrgänge 1 bis 3, die an diesem Montag alle erscheinen werden«, sagt Schulleiterin Iljana Lott. Geplant ist, dass die jeweiligen Schulklassen in zwei Gruppen aufgeteilt und abwechselnd beschult werden (siehe Kasten). Um die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu verringern, hat der rot-rot-grüne Senat zum Wiedereinstieg in den Präsenzbetrieb neuartige Schnelltests verteilt. In der Schule am Koppenplatz sind die Tests bereits eingetroffen. Damit sie genutzt werden können, muss aber zunächst das pädagogische wie auch das nichtpädagogische Personal im Umgang mit den Tests geschult werden. Im Erdgeschoss der Schule wurde dafür extra ein Schulungsraum eingerichtet, in dem auf einer digitalen Tafel ein Lehrfilm läuft.

»Das Thema Testung hat einen hohen Stellenwert«, sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres. Sie war am vergangenen Freitag zusammen mit Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD) sowie dem Präsidenten des Berliner Roten Kreuzes (DRK), Mario Czaja, vor Ort in der Schule am Koppenplatz, um die geplante Strategie vorzustellen. Nach Angaben des Senats sind zwei Phasen geplant. Weil die Tests noch nicht von einer Bundesbehörde als Selbsttests zugelassen sind, muss in einer ersten Stufe zunächst das Personal den professionellen Umgang mit den Tests lernen. In einer zweiten Phase sollen die Tests nach der Zulassung dann auch an Schülerinnen und Schüler verteilt werden, damit sie den Test zweimal die Woche zu Hause vornehmen können. »Das geschulte Personal wird in dem Zeitrahmen, in denen die Selbsttests nicht genehmigt sind, das Personal testen«, sagt Scheeres.

Fakten zum Schulstart

Am Montag macht Berlin den ersten Schritt in Richtung Schulöffnung. Nach gut zwei Monaten Unterbrechung wegen der Corona-Pandemie kommen zunächst die jüngeren Grundschüler zurück. Den Anfang machen Schüler der Klassenstufen 1 bis 3. Für sie ist laut Bildungsverwaltung Wechselunterricht in halber Klassengröße geplant. Hinzu kommen können Schüler von Abschlussklassen, die sich wegen der Prüfungsvorbereitungen in einer Sondersituation befinden. Sie können bisher schon wahlweise schulisch angeleitet zu Hause oder im Wechselmodell mit halber Klassengröße unterrichtet werden. Wichtig: Die Präsenzpflicht ist weiter ausgesetzt. Eltern, die ihre Kinder wegen Corona partout nicht zur Schule schicken wollen, müssen das also auch nicht.

Welche nächsten Schritte der Öffnung geplant sind, ist noch nicht sicher. Als naheliegend gilt, dass als Nächstes die Grundschüler der Klassen 4 bis 6 dran sind. »Wir fangen mit den Kleinen an, ich denke, dass man zwei Wochen später sehen kann, ob das Auswirkungen auf die Infektionszahlen hat, was ich nicht hoffe«, sagte die Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen, Astrid-Sabine Busse. Danach müsse man dann über die größeren Schüler nachdenken. »Und man muss gucken, was die Mutation macht. Es ist jetzt schon wieder eine andere Situation als vor einigen Wochen.« dpa/nd

Gesundheitssenatorin Kalayci erklärt, dass das Land Berlin von Anfang an auf den »Baustein Testen« gesetzt habe. Ingesamt drei Millionen Schnelltests wurden in der vergangenen Woche bereits an den Schulen verteilt, weitere sieben Millionen sollen folgen. Kalayci ist von der Qualität der Tests überzeugt. Sie glaubt gar an einen »Game-Changer«, also ein Instrument, das die gesamte Bekämpfung der Pandemie auf eine neue Stufe heben könnte. »Es ist eine ganz andere Qualität, in der Fläche testen zu können«, so die Gesundheitssenatorin.

Sollte eine Lehrerin oder ein Lehrer oder sonstiges Personal der Schulen positiv auf Corona getestet werden, dann soll sich sofort ein sogenannter PCR-Test anschließen, wofür der Senat in der Stadt extra vier Zentren einrichten will. Es stünden 28 000 zusätzliche Testkapazitäten pro Woche zur Verfügung.

Auch Berlins ehemaliger CDU-Gesundheitssenator und jetziger DRK-Präsident Mario Czaja glaubt an die Teststrategie: »Unser Konzept heißt: ›Train the teacher‹.« Auf Deutsch: Trainiere den Lehrer! Am Ende sollen laut Czaja 48 000 Lehrerinnen und Lehrer testen können. Um dieses Ziel schnell zu erreichen, werden 75 mobile Teams vom DRK und weiteren Hilfsorganisationen unterwegs sein, die jeden Tag zwei Schulen abarbeiten sollen. »In zehn Tagen wollen wir mit dem Thema durch sein«, sagt Czaja.

In seiner eigenen Partei, der CDU, sieht man den Schulstart an diesem Montag kritisch. »Auf ein schlüssiges Konzept des Senats zum Schutz von Kindern und Lehrern warten wir immer noch«, moniert der Spitzenkandidat der CDU für die Abgeordnetenhauswahl, Kai Wegner. »Der Senat muss alles dafür tun, einen pandemiesicheren Schulstart zu ermöglichen«, so Wegner. Das sei jetzt die Verantwortung von Rot-Rot-Grün. Aus der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus wurde zudem kritisiert, dass es »unverantwortlicher Leichtsinn« sei, wenn der Senat nur eine Mund-Nase-Bedeckung in den Schulen vorschreibe. »Damit riskiert Bildungssenatorin Scheeres angesichts der zunehmenden Ausbreitung von Corona-Mutationen neue exponentielle Infektionen. Genau die aber gilt es zu verhindern«, hieß es.

Eine verlässliche Teststrategie sowie den Schutz der Lehrerinnen und Lehrer durch ausreichend FFP2-Masken und Plexiglas an den Lehrerpulten wünscht sich auch die oppositionelle FDP. »Es bleibt zu hoffen, dass Rot-Rot-Grün alle Vorkehrungen nun getroffen hat, um einen sicheren Schulstart zu gewährleisten. Eine erneute Schließung der Berliner Schulen wäre für alle Betroffenen nicht zu verkraften«, erklärt der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Paul Fresdorf.

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