nd-aktuell.de / 06.03.2021 / Wissen / Seite 16

»Wenn der Franz was versaut hat«

Dr. Schmidt erklärt: auch ein Universalgelehrter kann schließlich nicht alles wissen

Ines Wallrodt und Steffen Schmidt
Wenn der Franz was versaut hat

Steffen, du hast dich im Gespräch der letzten Woche ein bisschen »verfranzt« ...

Ja, das habe ich wohl. Ich habe das Wort in meiner Kindheit mal aufgelesen und war seither der Überzeugung, es wird mit »s« geschrieben.

Aber es hat mit Fransen gar nichts zu tun.

Genau. Wie uns ein Leser korrigierte, kommt es von dem schönen Vornamen Franz und aus der Frühzeit der Fliegerei. Ich habe mich nun schlaugemacht - auch ein Universalgelehrter kann schließlich nicht alles wissen: In verschiedenen Quellen fand ich, dass es wohl im Ersten Weltkrieg so richtig anfing. Nachdem man sich in der Anfangszeit, wenn man alleine unterwegs war, öfters mal verflog, hat man irgendwann beschlossen, noch einen zweiten Mann ins Flugzeug zu holen, der für die Navigation zuständig war. Den Navigator gab es in größeren Flugzeugen noch ziemlich lange. Die letzte Tu-134, von der ich weiß, dass sie noch im regelmäßigen Betrieb ist in Russland und die Kosmonauten vom Sternenstädtchen nach Baikonur bringt, fliegt immer noch mit einem Navigator. Aber wie auch immer, damals kam offenbar im Fliegerjargon auf, zumindest hier in Deutschland, dass der Pilot Emil und der Navigator Franz genannt wird. Und wenn der Franz was versaut hat, dann hatte man sich eben verfranzt.

Also ein Begriff aus dem Militärischen.

Es gibt ja so viele Wörter, die aus dem Militärjargon kommen - wie oft wird etwas anvisiert? Auch in der Corona-Pandemie werden fortwährend militärische Metaphern ins Feld geführt.

Schon wieder! Aber nicht die Flinte ins Korn werfen!

Man sieht daran, dass der Zusammenhang mit dem Militärischen in unserer Gesellschaft immer noch sehr stark ist. Andererseits kann es offenkundig einen Haufen militärischer Begriffe im Sprachgebrauch geben, ohne dass die Leute zwangsläufig zu Militaristen werden.

Naja, wer nur in Fronten und Gräben denken kann ... Wir sollten unsere Sprache abrüsten.

Das wäre nicht schlecht. Aber auf dem Gebiet der korrekten Sprache gibt es so viele Schlachtfelder. Wenn du da noch eins aufmachst, bist du nur noch mit Sprachkorrektur beschäftigt.

Wie gelangen die Redewendungen aus dem Soldatenjargon in die Alltagssprache?

Da gibt es viele Wege. Einer ist sicher, dass spätestens seit den Napoleonischen Kriegen in den meisten europäischen Ländern - und über deren Sprachen kann ich nur reden, weil ich keine Idee habe, wie das im Chinesischen oder Japanischen zugeht - die Wehrpflicht eingeführt worden ist und damit die Mehrzahl der männlichen Bevölkerung irgendwann mit dem Militärjargon konfrontiert war. Darüber sickerten Begriffe in den Alltag ein. Zudem waren die Länder recht regelmäßig in irgendwelche Konfliktsituationen verstrickt und damit spiegelte das militaristische Gerede auch die allgemeine Stimmung wider.