nd-aktuell.de / 06.03.2021 / Kommentare / Seite 17

Einer von 365 Tagen

Birthe Berghöfer über den Alltag feministischer Kämpfe

Birthe Berghöfer

Frauen kämpfen - und das oft ihr Leben lang. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr. Kein Wunder, dass manche Feminist*innen den Internationalen Frauentag nur belächeln können: Ein Tag im Jahr, an dem für gleiche Rechte, Selbstbestimmung und gegen Gewalt an Frauen und patriarchale Strukturen ganz offiziell, sichtbar, laut und wütend gekämpft werden darf. Dazu gibt es eventuell noch Blumen - um die Wut doch wieder zu besänftigen?

Fakt ist: An den restlichen 364 Tagen im Jahr wird nicht weniger um feministische Anliegen gekämpft. Auch nicht unbedingt weniger laut und wütend, nur weniger akzeptiert. An vielen dieser Tage werden Feminist*innen und Frauen, die für eine bestimmte - nicht einmal unbedingt feministische - Sache kämpfen, behandelt, als begingen sie Verbrechen. In Saudi-Arabien werden sie ins Gefängnis gesteckt, weil sie Auto gefahren sind, und im Kongo dafür bestraft, dass sie Geld verdienen. In Belarus wurden Frauen bei Protesten gegen die Wahl Alexander Lukaschenkos zunächst noch von Polizeigewalt verschont. Doch schnell wurde auch ihr friedlicher Protest gewaltvoll niedergeschlagen. In Schweden erleben Frauen, die sich prostituieren, Stigmatisierung, und in Deutschland werden Aktivist*innen für reproduktive Rechte und Selbstbestimmung mit Repressionen bis hin zur Strafverfolgung an ihren Kämpfen gehindert. Feminismus wird die meiste Zeit und überall auf der Welt zum Verbrechen, mindestens zu einer Gefahr erklärt.

Dabei hat gerade das vergangene Corona-Jahr überdeutlich gezeigt, wie abhängig unsere Gesellschaft - und das kapitalistische System - von Frauen ist. Sie erziehen, ernähren, pflegen, und das in der Regel gratis und neben der »normalen« Arbeit, der Erwerbsarbeit. Sie sind andauernde Krisenmanagerinnen, ob sie wollen oder nicht. »Ohne uns steht die Welt still« ist deswegen Motto mancher Veranstaltungen zum Frauentag am 8. März. Auf den hoffentlich bald statt Blumen und Applaus ein Ende der Repression und der Kriminalisierung feministischer Kämpfe und ihrer Anliegen folgt.