Mit blutigen Händen zur Uno

Myanmars Junta bleibt international isoliert - noch

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 5 Min.

Nach dem blutigen Sonntag folgte in Myanmar in dieser Woche der blutige Mittwoch, darauf der blutige Donnerstag und der blutige Freitag. Mit Terror versuchen Militär und Polizei die Proteste gegen das Putschregime zu unterdrücken, verbreiten Angst und Schrecken unter der Bevölkerung. Die Vereinten Nationen (UN) gehen von mindestens 54 Toten seit dem Putsch am 1. Februar aus, teilweise regelrecht durch Scharfschützen exekutiert. Die »Vereinigung zur Unterstützung politischer Gefangener« hat mehr als 1500 Personen gezählt, die seither festgenommen wurden. In den sogenannten sozialen Medien werden immer mehr Videos hochgeladen, die Morde und Misshandlungen durch Soldaten und Polizisten zeigen, darunter auch solche, die Brutalität gegen medizinisches Personal zeigen, die Protestierenden geholfen haben.

Am Donnerstag forderte der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar entschlossene Maßnahmen gegen die Militärjunta. Diese sei »illegitim und verantwortlich für weit verbreitete und systematische Menschenrechtsverletzungen gegen friedliche Demonstranten«, erklärte Tom Andrews in einem Bericht, der vor der Sitzung des Weltsicherheitsrates am Freitag zur Lage in Myanmar veröffentlicht wurde. »Ich dränge die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, die Fotos/Videos der schockierenden Gewalt zu sichten, die gegen friedliche Demonstranten entfesselt wird«, sagte Andrews, der ebenfalls kritisierte, dass das Putschregime seit dem 1. Februar Gesetze systematisch und rechtswidrig demontiert. Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, fordert: »Myanmars Militär muss aufhören, Protestierende zu ermorden und einzusperren.«

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Die Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für Myanmar, Christine Schraner-Burgener, gab in einer Pressekonferenz Auskunft über ihren Austausch mit dem Militär. Sie habe den Vizechef der Junta, Soe Win, telefonisch davor gewarnt, dass die Armee nun in die Isolation drifte. Seine Antwort: »Wir sind an Sanktionen gewöhnt, und wir haben Sanktionen in der Vergangenheit überlebt.« Am Donnerstag haben die USA die Armee Myanmars erneut und sanktioniert zwei Ministerien sowie die wichtigsten Militärkonglomerate auf eine schwarze Liste für den Handel gesetzt.

Wie schwierig es ist, eine einheitliche Position gegen die Putschregierung zu finden, zeigte sich bereits bei der vergangenen Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates, als die Vetomächte Russland und China Schritte gegen das Militär in Myanmar als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes verhinderten. »Ich hoffe, China wird realisieren, dass es wichtig sein wird zusammenzuarbeiten«, sagte Schraner-Burgener in einem Appell an die Staatengemeinschaft, in dem sie auch Russland direkt ansprach. Worauf es nun ankomme, sagte Schraner-Burgener auch noch: »Es ist ist wichtig, dass die internationale Gemeinschaft dem Regime weder Legitimation noch Anerkennung verleiht.«

Doch das ist ein kleiner Strohhalm, an dem die Menschen in Myanmar ihre Hoffnung klammern können. Bereits Anfang Februar hatte China den Putsch als Kabinettsumbildung in Myanmar bezeichnet. Dabei hat die Volksrepublik im Nachbarland Myanmar viel zu verlieren. So bezieht China Rohstoffe vom Indischen Ozean durch eine Pipeline, zudem ist sie der größter ausländischer Investor in Myanmar. Chinas Botschafter in Yangon hat bereits mehrfach mitgeteilt, sein Land lehne das Chaos und die Gewalt in Myanmar ab. Doch dass China das Putschregime fallen lässt, ist unwahrscheinlich.

Anderen Staaten fehlt es ebenso an einer klaren Position. So hat etwa Japan, Myanmars größter Geber von Entwicklungshilfe und Investor in mehrere wichtige strategische Projekte im Land, sich noch nicht eindeutig gegen den Putsch positioniert. Auch die Reaktion der Vereinigung Südostasiatischer Nationen ist dürftig. Beratungen der Asean-Außenminister Mitte der Woche brachten keinen entscheidenden Impuls, die Krise zu entschärfen. Zwar betonten die Vertreter Singapurs und Indonesiens, die neue Regierung nicht anzuerkennen, doch auf eine gemeinsame Linie kann sich Asean nicht einigen. Und Nachbarland Indien bereitet mit der Putschregierung bereits eine Verständigung vor.

Die Bevölkerung in Myanmar reagiert zunehmend enttäuscht auf die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft. Viele fordern eine militärische Intervention, um den Terror gegen die eigene Bevölkerung zu stoppen. Doch dass der UN-Sicherheitsrat einer solchen zustimmen wird, gilt als ausgeschlossen. Hoffnung macht allenfalls, dass die neue Putschregierung noch nicht in den Vereinten Nationen vertreten ist.

Am Dienstag teilte die UN mit, dass sie eine Erklärung des Außenministeriums Myanmars erhalten habe, die besagt, dass Tin Maung Naing zum Interimschef der ständigen Mission ernannt worden sei. Der bisherige Stellvertreter des Botschafters nahm den Posten allerdings nicht an. Sein Vorgänger Kyaw Moe Tun hatte in der vergangenen Woche vor der UN eine Rede gehalten, in der er die »stärkstmögliche Aktion der internationalen Gemeinschaft forderte, um den Militärputsch sofort zu beenden, die Unterdrückung des unschuldigen Volkes zu beenden, dem Volk die Staatsmacht zurückzugeben und die Demokratie wiederherzustellen«. Das Regime entließ ihn umgehend, doch Kyaw Moe Tun erkennt die Entlassung nicht an, sein Stellvertreter bestärkte ihn nun darin. Damit bleibt Kyaw Moe Tun laut UN vorerst der Botschafter.

Die Menschen in Myanmar müssen sich weiter alleine gegen die Putschregierung wehren. Trotz aller Gewalt gehen sie täglich zu Tausenden auf die Straße. Die Bewegung des zivilen Ungehorsams legt weite Teile der Verwaltung lahm, am Freitag schlossen sich weitere 600 Polizisten der Bewegung an und quittierten ihren Dienst, die zweitgrößte Stadt im Land Mandalay hat sich für autonom erklärt. Momentan sieht es nicht danach aus, als könnten die Putschisten das Land regieren. Ein wichtiges Argument, wenn es darum geht, wer das Land vor der UN repräsentieren kann.

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