nd-aktuell.de / 10.03.2021 / Ratgeber / Seite 24

Wie eine Rohr-Mafia die Kunden abkassiert

ein sachverständiger warnt vor dubiosen praktiken

Darauf macht der vereidigte Sachverständige Maik Menke aus Paderborn aufmerksam. Er rät Verbrauchern, sich in Notfallsituationen immer direkt an bekannte Handwerksbetriebe in der Region zu wenden.

Was Maik Menke als Gutachter schon alles gesehen hat, macht ihn sprach- und fassungslos. Wegen einer an sich harmlosen Verstopfung haben dubiose Monteure bereits ganze Gärten umgegraben und Rohre aus dem Boden geholt, um dann abzukassieren und zu verschwinden. Meist mit dem Hinweis: »Wir müssen noch Ersatzteile holen.«

Betrüger nehmen Zehnfache

Ebenfalls beliebt sind nach Aussage von Maik Menke völlig überhöhte Rechnungen. »Wenn die Toilette verstopft ist, muss man am Wochenende im Notdienst mit Kosten in Höhe von 400 bis 500 Euro rechnen.« Die Betrüger nähmen jedoch gern das Zehnfache.

In einer der Redaktion vorliegenden Rechnung werden die Praktiken der dubiosen Firmen deutlich. »Zunächst einmal wird eine Anzahlung verlangt. Im vorliegenden Fall musste der Kunde 1000 Euro zahlen«, erläutert Menke. Als weitere Position wird die Einrichtung der Baustelle und das »Bereitstellen erforderlicher Geräte und Werkzeuge« mit 200 Euro berechnet. »Auch das ist völlig unüblich«, sagt Menke. Allein für die Hochdruckreinigung sind in dem Fall 2618 Euro berechnet worden. Weitere 5000 Euro fallen als Festpreis für die Erneuerung der Leitungen an. Menke: »Ein seriöser Handwerker hätte nur einen Bruchteil verlangt.«

In einem anderen Fall, der in Augustdorf spielt, habe eine Firma dem Hauseigentümer eine Rechnung für eine Rohrreinigung in Höhe von 6500 Euro präsentiert. Angeblich seien 85 Meter Rohr bearbeitet worden. Der Rentner habe gezahlt. Später wurde nachgewiesen, dass im gesamten Haus nur neun Meter Rohr vorhanden sind.

»Eine Handwerkerrechnung muss angemessen und zum ortsüblichen Preis sein«, erläutert ein Paderborner Rechtsanwalt, der den Sachverständigen Maik Menke juristisch vertritt. Denn der Gutachter ist jetzt ebenfalls Opfer geworden: Dubiose Firmen, die den Kunden überteuerte Rechnungen schreiben, erwecken den Eindruck, in seinem Namen unterwegs zu sein. Möglich mache das die Suche bei »Google«. Wer »Menke« und »Rohrreinigung« eingibt, bekommt verschiedene Anzeigen präsentiert.

Die Anrufe landen in Callcentern

Eine Paderborner Anwältin hatte dort bei einem Schadenfall in ihrem Haus eine 0800er Nummer entdeckt und gewählt. In dem Telefonat habe man die Frau nicht darüber aufgeklärt, dass sie nicht mit dem Unternehmen Maik Menke verbunden sei. Nach dem Gespräch sei sie stutzig geworden und habe noch einmal direkt bei Menke angerufen und sei dort auf die Masche der dubiosen Firmen hingewiesen worden.

Wie aber erkennt man unseriösen Praktiken? Laut Menke landen die Anrufe in Callcentern, die dann Monteure beauftragten. »Die befinden sich aber nicht vor Ort, sondern haben meist eine Anfahrt von drei Stunden und mehr«, sagt der Gutachter. Darüber würden die Kunden aber nicht informiert. Stattdessen würden fadenscheinige Erklärungen (Stau, Autopanne, Notfälle) vorgebracht, warum sich der Mitarbeiter verspäte. Die Monteure kämen meist mit Lieferwagen ohne Firmenbeschriftung, dafür mit auswärtigen Kennzeichen. Oft werden die Kunden zu einer Anzahlung gedrängt, mit der man sich dann aus dem Staub macht, ohne das Problem vor Ort gelöst zu haben.

Wie urteilt der Bundesgerichtshof?

Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil ausgeführt, dass eine Verwechslungsgefahr bei Google dann nicht wettbewerbsrelevant ist, wenn zwischen dem gesuchten Schlüsselwort und dem Firmennamen eine Rubrik mit der Überschrift »Anzeigen« eingeblendet ist. Der Paderborner Rechtsanwalt vertritt jedoch die Ansicht, dass durch solche Anzeigen ein Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Abfangen von Kunden ermöglicht wird. nd