nd-aktuell.de / 17.03.2021 / Ratgeber / Seite 19

Der Mann am »Fleischwolf«

Berufsbilder: Verfahrensmechaniker

Ein bisschen wie einen großen Fleischwolf müsse man sich einen Extruder vorstellen. Allerdings kommt vorne kein Fleisch rein, sondern Kunststoff-Rohmaterial in Form von Granulat. Das wird dann erwärmt und unter hohem Druck durch eine Öffnung gepresst, so dass es die richtige Form bekommt.

»Das ist ähnlich wie Knete«, sagt Mert Savac. Der 25-jährige Verfahrensmechaniker hat seine Lehre in der Fachrichtung Kunststoff- und Kautschuktechnik bei der Firma Profine am Standort Berlin absolviert. Dort ist er nun als Geselle tätig, betreut Maschinen wie den Extruder, die der Herstellung von Fensterprofilen dienen.

Viele kennen den Beruf des Verfahrensmechanikers nicht. Dabei bieten sich für die Fachkräfte zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. »Wir fertigen hier zum Beispiel Fensterprofile«, sagt Ausbilder Michael Peukert. Verfahrensmechaniker stellen alles mögliche her: Aus Rohmaterialien fertigen sie mit unterschiedlichen Verarbeitungsmaschinen Bauelemente wie Rohre, Folien oder Gehäuse. Aus diesen Formen entstehen dann wiederum Produkte wie Handyhüllen, Zahnbürsten, Autoreifen oder Arzneimittelverpackungen. Auch im Bereich Windräder und Windkraftanlagen verantworten Verfahrensmechaniker Teile der Produktion.

Kommt das geformte Kunststoffmaterial aus dem Extruder, schneidet eine Guillotine die Fensterteile in der richtigen Länge ab. Die werden verpackt und an Fensterbauer verkauft.

Besonderen Spaß macht es Savac, die Maschinen in Betrieb zu nehmen. Das mache auch den größten Teil des Berufes aus, sagt sein Ausbilder. Daneben haben die Verfahrensmechaniker auch die Qualität der Produkte im Blick, prüfen, ob alles exakt passt. »Wenn Maße an einem Fensterprofil nicht stimmen, kann man viel über die Temperatureinstellungen der Maschine regulieren«, erklärt Savac. Auch wenn etwa die Oberfläche des Kunststoffteils nicht sauber sein sollte, sind Anpassungen und Handgriffe an der Maschine nötig, um das Problem zu beheben.

Angehende Verfahrensmechaniker starten in der Regel mit einer fünfmonatigen Grundausbildung. Da lernt man den Umgang mit verschiedenen Kunststoffen, etwa was das Bohren, Feilen und Biegen angeht. Auch wenn man später vor allem mit der Handhabung der Maschinen beschäftigt ist, werde das Handwerk gelehrt, damit die Azubis ein Gefühl für die Werkstoffe bekommen, so Ausbilder Peukert.

Nach der Grundausbildung durchlaufen die Azubis die verschiedenen Abteilungen des Betriebs. »Man ist zum Beispiel in der Qualitätsprüfung, der Instandhaltung oder Werkzeugtechnik tätig, weil alle Gewerke ja auch zusammenarbeiten«, sagt Savac.

Grundsätzlich verlangen Arbeitgeber von Auszubildenden einen Hauptschul- oder Realschulabschluss. Wer die Ausbildung in Erwägung zieht, sollte auf jeden Fall Interesse an Maschinen sowie an Mathematik, Physik und Chemie mitbringen. Aber auch technisches Verständnis und handwerkliches Geschick sei wichtig.

Zudem sei es üblich, dass angehende Verfahrensmechaniker vor der Ausbildung ein vierwöchiges Praktikum absolvieren, so dass die potenziellen Nachwuchskräfte schon einmal einen Einblick in die Prozesse im Betrieb bekommen. Nicht zuletzt sollten Azubis körperlich belastbar sein - und sich auf Schichtdienst einstellen.

Die Digitalisierung verändert auch den Arbeitsalltag des Verfahrenstechniker. So müssen Temperatur- und Drucküberwachungen der Maschinen nicht mehr überall vor Ort in Produktionshallen erfolgen, erklärt Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Nordostchemie-Verbände. Sie können auch über mobile Endgeräte von außerhalb getätigt werden. Auch der Einsatz von Augmented Reality nehme zu. Mert Savac könnte sich vorstellen, später mal als Hallenverantwortlicher tätig zu sein. »Jede Halle hat einen Schichtführer, und der ist dann für die Truppe vor Ort verantwortlich. Das wäre eine Rolle, die ich gerne übernehmen würde.« dpa/nd