nd-aktuell.de / 07.04.2021 / Brandenburg / Seite 13

Vogelgrippe wütet stark wie lange nicht

Die hochansteckende Seuche verursacht Schäden und hohe Kosten bei Züchtern und Landwirten

Tomas Morgenstern

Geflügelhalter in Berlin-Brandenburg sind in großer Sorge, seit in der gesamten Region immer wieder bei verendeten Wildvögeln der Erreger der Geflügelpest, auch als Vogelgrippe bekannt, festgestellt wurde. Für die vergangene Woche meldete das Tierseucheninformationssystem des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) zuletzt am 31. März den Fund von verendeten Schwänen in Berlin, am 1. April im Landkreis Dahme-Spreewald sowie den von toten Greifvögeln am 1. April in Berlin. Bei all diesen Tieren hatte das FLI als Nationales Referenzlabor, das sich auf der Ostseeinsel Riems bei Greifswald befindet, den Geflügelpesterreger H5 nachgewiesen.

Die extrem ansteckende Seuche, von Experten als »hochpathogene aviäre Influenza« bezeichnet, tritt seit rund einem halben Jahr wieder verstärkt in Deutschland auf. Die ersten Fälle in Brandenburg waren im Spätherbst in der Prignitz bekannt geworden. Für den Menschen in der Regel ungefährlich, ist sie für Nutztierhaltungen eine tödliche Bedrohung - einmal betroffene Bestände müssen umgehend gekeult, und die Kadaver sicher entsorgt werden. Allein im März waren ein Putenzuchtbetrieb mit 10 000 Tieren im Landkreis Märkisch-Oderland sowie eine Entenmast mit 10 000 Tieren bei Storkow im Landkreis Oder-Spree betroffen. Verendete Wildvögel - mit dem Geflügelpesterreger infizierte Höckerschwäne - wurden zuletzt aus Oberspreewald-Lausitz an der Landesgrenze zu Sachsen gemeldet.

Auch das zuständige Verbraucherschutzministerium des Landes Brandenburg in Potsdam bestätigt den Ernst der Lage. Man beobachte die Situation nach wie vor mit großer Sorge, teilte Ministeriumssprecher Dominik Lenz am Dienstag auf »nd«-Anfrage mit. »Seit Dezember 2020 wurden elf Fälle von Geflügelpest beim Nutzgeflügel im Land Brandenburg festgestellt. Insgesamt mussten deshalb bisher rund 159 000 Tiere in Brandenburg getötet und unschädlich beseitigt werden.« Nach Ausbrüchen vor allem im Januar und Februar seien seit Mitte März allerdings keine neuen Ausbrüche beim Nutzgeflügel festgestellt worden.

Neben den Ausbrüchen beim Nutzgeflügel wurden, verteilt auf fast die gesamte Landesfläche, seit November 2020 insgesamt 62 infizierte Wildvögel gefunden, so Lenz. »Diese Funde zeigen, dass der Infektionsdruck nach wie vor sehr hoch ist. Die im Dezember angeordnete risikoorientierte Aufstallung des Geflügels bleibt darum vorerst in Kraft und alle Geflügelhalter werden weiterhin um erhöhte Wachsamkeit gebeten.«

Wie der Ministeriumssprecher betonte, werden Tierhalter, deren Geflügel auf Grund der Geflügelpest getötet und unschädlich beseitigt wurde, von der Tierseuchenkasse des Landes entschädigt.

Nach Einschätzung des Geflügelwirtschaftsverbandes Brandenburg hat die aktuelle Welle der Geflügelpest bereits größeren Schaden angerichtet als der letzte große Ausbruch 2016/2017. »Das Virus scheint diesmal deutlich aggressiver zu sein, was die Geflügelhalter sehr stark besorgt«, sagte Geschäftsführerin Katharina Standke der Deutschen Presse-Agentur. Bundesweit habe man bereits 1,8 Millionen Stück Geflügel töten müssen, damals waren es insgesamt 1,2 Millionen Stück. In Brandenburg erreichten die Verluste schon jetzt das Niveau des letzten Ausbruchs.

»Eine Impfung gegen das Vogelgrippe-Virus ist in Deutschland aktuell nicht erlaubt und aufgrund der Vielzahl von Subtypen auch nicht sinnvoll«, sagte Stahnke. Damit gebe es keinen dauerhaften und umfassenden Schutz vor der Seuche, nur die akribische Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen. Das Virus zirkuliere in der Wildvogelpopulation und sei nicht durch den Menschen beeinflussbar.

Je nach Haltungsform seien Landwirte unterschiedlich stark betroffen, so Stahnke. Der Kampf gegen die Geflügelpest verursache zusätzliche Kosten: für Desinfektionsmittel, Abdichtungen für Lüftungsschächte, Einstreu oder Tierärzte. Dazu komme noch die angeordnete Aufstallpflicht, wenn das Geflügel nicht nach draußen könne.

Freilandeier dürfen nur noch innerhalb von 16 Wochen als solche verkauft werden - danach gelten sie als Eier aus Bodenhaltung. Die Bauern erzielen dann geringere Erlöse. In Brandenburg ist diese Frist nach Angaben von Stahnke seit Mitte März überschritten. Die genauen wirtschaftlichen Folgen der Seuche könnten derzeit nicht beziffert werden. Im Land werde lediglich der Tierwert von der Tierseuchenkasse ersetzt, in die der Halter zuvor eingezahlt habe. Zusätzliche Kosten würden nicht erstattet. /Mit dpa