nd-aktuell.de / 07.04.2021 / Ratgeber / Seite 22

Der Staat nimmt 1,6 Milliarden ein

Das Kurzarbeitergeld gilt als ein Wundermittel gegen wirtschaftliche Krisen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn manchen Arbeitnehmer droht mit der Steuererklärung 2020 eine böse Überraschung.

Denn obwohl das Kurzarbeitergeld selbst steuerfrei ist, könnten bei der Steuererklärung 2020 erhebliche Nachzahlungen auf die Beschäftigten zukommen (siehe nebenstehenden Beitrag). Wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag mitteilte, rechnet der Fiskus für das Steuerjahr 2020 mit Einnahmen von rund 1,6 Milliarden Euro durch den sogenannten Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld.

Wissenschaftler der Universität Stanford haben errechnet, dass einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit 4000 Euro Bruttolohn und halber Kurzarbeit schon nach zwei Monaten Kurzarbeit Nachzahlungen drohen. Bei voller Kurzarbeit dagegen gebe es Geld vom Staat zurück.

Die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann geht davon aus, dass Kurzarbeitenden Steuernachforderungen in Höhe von mehreren hundert Euro pro Person drohen. Der Progressionsvorbehalt gilt auch für das Arbeitslosengeld. Zu den damit verbundenen Steuermehreinnahmen konnte die Bundesregierung jedoch keine Auskunft geben.

Zimmermann kritisierte: »Wer Kurzarbeitergeld bezieht, hat schon dadurch erhebliche Einkommenseinbußen erlitten. Dass nun auch noch Steuernachforderungen drohen, sei niemandem zu erklären.« Sie fordert die Bundesregierung auf, den ohnehin umstrittenen Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld abzuschaffen.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert die Bundesregierung zu einer Steuerbremse auf. »Wer mit dem Kurzarbeitergeld erhebliche Einkommenseinbußen hinzunehmen hat, soll nicht auch noch mit Steuernachzahlungen zu kämpfen haben«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell.

Beschäftigten im Niedriglohnbereich drohen erhebliche Nachteile

Gerade für Beschäftigte im Niedriglohnbereich, die keine Aufstockung des Kurzarbeitergelds durch den Arbeitgeber bekommen, drohen laut DGB untragbare Mehrbelastungen. Das gelte beispielsweise für Teile der Gastronomie, für den Einzelhandel, die Hotellerie aber auch andere eher mittelständisch geprägte Branchen.

Allein zwischen dem 1. und 24. Februar 2020 gingen bei der Bundesagentur Kurzarbeitsanzeigen für 500 000 Personen ein. Im Dezember 2019 wurde für 2,39 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld gezahlt. Der Höchststand war im April 2019 mit knapp sechs Millionen Kurzzeitarbeitern erreicht. dpa/nd