nd-aktuell.de / 10.05.2021 / Sport / Seite 15

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Beeindruckende Bayern: nächster Meistertitel nach 6:0 gegen Mönchengladbach

Maik Rosner, München

Die Feierlichkeiten hatten sich schon um 17.23 Uhr überschaubar gestaltet, als sie beim FC Bayern vor Anpfiff des eigenen Spiels Gewissheit erlangten, zum neunten Mal in Serie und 31. Mal insgesamt Deutscher Meister geworden zu sein. Hansi Flick bekam es eher beiläufig im Trainerbüro mit, manche Spieler verfolgten die letzten Momente der Leipziger 2:3-Niederlage in Dortmund in der Kabine oder bei der Platzbegehung auf dem Handy. Nach kurzem Jubel gingen sie zum Aufwärmen für ihr 6:0 (4:0) gegen Borussia Mönchengladbach über - und auch danach kam die Party mit den obligatorischen T-Shirts und einem Tänzchen gewohnheitsmäßig daher.

»Ich habe mit Karl-Heinz Rummenigge angestoßen, er kam runter in meine Trainerkabine«, berichtete Flick von einer eher sachlichen Auseinandersetzung mit seinem siebten und letzten Titel in seiner bald endenden Amtszeit als Münchner Cheftrainer seit November 2019. Ob es in der Spielerkabine beim Meisterbier hoch hergegangen sei, vermochte Flick nicht zu sagen: »Ich habe da nicht allzu viel mitbekommen.« Und auch im Umfeld der Münchner Arena gerieten die Freudenbekundungen übersichtlich. Eine Ladung Fans in einem Auto, das immerhin opulent mit Schals behangen war, umkurvte das Stadion unter Gejohle. Eine Handvoll Anhänger wartete zudem auf die Ausfahrt der Mannschaft.

Gewiss hatten die zurückhaltenden Feierlichkeiten vor allem mit den Restriktionen durch die Pandemie zu tun und der dadurch zwangsläufig leeren Arena. Aber es war eben auch viel Routine dabei - bei der neunten Meisterschaft hintereinander. Das brachte auch Flick zum Ausdruck, als er von jenem Moment erzählte, in dem die Münchner Titelreihe zwischen 2013 und 2021 feststand. »Klar hat sich kurz auch jeder einzelne sehr gefreut, dass wir Meister geworden sind«, sagte er, »aber trotzdem lag der Fokus auf dem Spiel gegen Gladbach.«

Die 6:0-Demontage der Borussia und Robert Lewandowskis nun 39 Saisontore kamen wie weitere Belege daher, dass die Bayern hierzulande längst Meister außer Konkurrenz sind. Dem Stürmer fehlt damit nur noch ein Tor, um Gerd Müllers Rekord aus der Saison 1971/1972 einzustellen. Nach den Eindrücken vom Sonnabend sollte Lewandowski das in den verbleibenden Spielen beim SC Freiburg und gegen den FC Augsburg gelingen. Diesmal schoss der Weltfußballer drei Tore (2. Minute, 34., 66./Elfmeter), darunter das 3:0 mit einem prächtigen Seitfallzieher. Zudem trafen Thomas Müller (23.), Kingsley Coman (44.) und Leroy Sané (86.). »Ein extrem würdiger Deutscher Meister«, lobte Rummenigge und empfahl dem DFB nebenbei nicht ganz uneigennützig: »Hansi wäre der perfekte Nationaltrainer.«

Der Münchner Meisterball zuvor hatte von einem Klassenunterschied erzählt, nicht nur fußballerisch. Das Spiel bewies nicht, dass der FC Bayern längst in einer eigenen Liga unterwegs ist. Sondern auch, dass seinen Erfolgen zugrunde liegt, immer weiter nach dem Optimum zu streben. »Es geht nicht um Titel oder die Schale, es geht darum, jedes Spiel gewinnen zu wollen«, erklärte Thomas Müller - neben David Alaba nun zum zehnten Mal Meister und damit Rekordhalter: »Dieses Glücksgefühl des Gewinnens, des Besserseins, das gibt dir den Kick.« Und der sei »das Geheimnis dieses Hungers, der noch da ist«. Gestillt werden konnte dieser Hunger in dieser Saison allerdings vergleichsweise wenig nach dem maximal erfolgreichen Jahr 2020 mit sechs Titeln. Ein Jahr später stehen auch das Scheitern in der zweiten Pokalrunde beim Zweitligisten Kiel und das Viertelfinalaus in der Champions League gegen Paris Saint-Germain in der Bilanz.

Die verpassten Titel werden in der kommenden Saison neu angestrebt. Dann mit Flicks Nachfolger Julian Nagelsmann, der für bis zu 25 Millionen Euro Ablöse vom Tabellenzweiten Leipzig überläuft, zusammen mit dem 22-jährigen Abwehrchef Dayot Upamecano, den die Bayern für 42,5 Millionen Euro gekauft haben. Der zehnte Ligatitel in Serie wird von den Bayern ohnehin längst eingeplant. Der kommende Vorstandschef Oliver Kahn gab dieses Ziel jedenfalls umgehend aus. Präsident Herbert Hainer hatte zuvor schon mehrfach darauf verwiesen, dass es zumindest ihnen beim FC Bayern nicht langweilig werde, jedes Jahr die Schale in Empfang zu nehmen. Überholt wären 2022 mit dem Meistertitel Nummer zehn in Serie Juventus Turin und alle anderen Topklubs aus Europa. Gefühlt haben die Bayern ohnehin längst die Jagd auf den Weltrekord eröffnet. Diesen hält mit 15 Meistertiteln zwischen 1994 und 2009 der Tafea FC von der Inselgruppe Vanuatu. Der Südseestaat ist vor allem für die Urform des Bungee-Jumpings bekannt.