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Jugend macht die Klappe auf

Zum 30. Geburtstag des Landesjugendrings ist eine Tour durch ganz Brandenburg geplant

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn eine Jugendorganisation 30 wird, dann muss sie sich wohl einmal mehr neu erfinden. Der Landesjugendring will sein Jubiläum mit einer Tour »Klappe auf!« durch ganz Brandenburg begehen. »Pandemiekonform, aber eben doch wieder in Präsenz«, wie Geschäftsführerin Anna Spangenberg Ende vergangener Woche bei der Vorstellung des Plans im Potsdamer Kreativhaus »Rechenzentrum« erklärte.

Eigentlich geht das Netzwerk schon auf den 31. Geburtstag zu, müssen die Verantwortlichen zugeben. Doch die große Geburtstagsfeier ist im vergangenen November wegen Corona ausgefallen. Nun aber will der Jugendverband mit seinen Vereinen und Organisationen vom 21. Juni bis 11. Juli landesweit auf sich aufmerksam machen. 17 Termine sind vereinbart, darunter welche mit Landespolitiker*innen wie Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Es wird ein »Camp junger Humanisten« vom Humanistischen Landesverband geben, ein Projekt »Überlagert«, das sich mit KZ-Außenlagern in Brandenburg beschäftigt, und anderes.

Jugendarbeitslosigkeit und Neonazis

Zu seinen jüngsten Erfolgen rechnet der Landesjugendring die Absenkung des Wahlalters auf 16 bei Kommunal- und Landtagswahlen. Mit drei hauptamtlichen Stellen hatte man einst angefangen, inzwischen sind es 15 Teil- und Vollzeitstellen. Bernd Mones, der von 1996 bis 2016 Geschäftsführer des Landesjugendringes war, erinnert sich an die »hochspannende« Zeit der frühen Nachwendejahre. Jugendarbeitslosigkeit und brutale Neonazis seien eine große Herausforderung gewesen. »Wir machen keine Parteipolitik«, versichert Mones. Doch wenn humanistische Grundsätze in Frage stünden und Antisemitismus, Nationalismus und rechtsextreme Ideologie aufkommen, dann sei der Landesjugendring gefragt. Dem habe er sich auch immer gestellt. Der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hatte damals den Ernst der Lage erkannt und Mittel für den Verband bereitgestellt.

Seit 30 Jahren wendet sich der Landesjugendring gegen Rechts, nun aber sitzt die AfD als zweitstärkste Kraft im Parlament. Betrachtet der Landesjugendring das als Niederlage? Es seien weniger die jungen Menschen gewesen, die rechts gewählt haben, meinen die Vertreter des Jugendrings, während sie in Klappstühlen sitzen mit der Aufschrift: »Schöner leben ohne Nazis.« Mitgliedsorganisationen des Jugendrings, wie die Gewerkschaftsjugend, seien inzwischen massiven Nachstellungen ausgesetzt, heißt es. Durch parlamentarische Anfragen versuche die AfD, gerade Jugendorganisationen in die Enge zu treiben und mundtot zu machen. »Das trifft uns noch mehr als die Sozialverbände«, sagt Melanie Ebell, ebenfalls Geschäftsführerin des Jugendrings und gerade in Elternzeit. Aber die Bedrängten könnten sich der Solidarität aller übrigen Mitglieder des Jugendrings sicher sein.

Das Durchschnittsalter steigt

Was macht ein Jugendring in einer immer älter werdenden Gesellschaft? Bei Gründung vor 30 Jahren war die Bevölkerung Brandenburgs im Schnitt vergleichsweise jung - heute ist der Altersdurchschnitt einer der höchsten in der Bundesrepublik. Die Abwanderung Hunderttausender junger Menschen und der Geburtenknick hätten zu einer »völligen Überalterung« geführt, so Mones. »Mit massiven Folgen für die Hiergebliebenen.« Oft packten gerade die Fitten und Klugen die Koffer, das habe dem Bundesland unfeine Kommentare in der Presse eingetragen.

Die Arbeit im Jugendring wird vom Ehrenamt getragen. Man kämpfe für die »Erhöhung des Taschengeldes«, das den Ehrenamtlichen gewährt werden könne, sagt Melanie Ebell. Auch wolle man sehr genau beobachten, wie die vor einigen Monaten im Bundessozialgesetz vorgenommene Änderung zugunsten einer Verpflichtung zur Kinder- und Jugendarbeit auf kommunaler Ebene in Landesrecht umgesetzt und in den Kommunen praktisch verwirklicht werde. In Brandenburg war 2018 das Kommunalgesetz dahingehend geändert worden, dass Vertreter von Kindern und Jugendlichen angehört werden müssen, wenn über Dinge entschieden wird, die sie betreffen. Melanie Ebell will, dass es eine Dokumentationspflicht für diese Beteiligung gibt. Man könne dann nicht einfach hinterher behaupten, Jugendliche hätten »kein Interesse gezeigt«.

In den 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten Brandenburgs gibt es nur sechs Kreisjugendringe. Man könne davon ausgehen, dass Teltow-Fläming bald wieder einen hat, sagt Spangenberg. Doch habe in der Tat das Netz Lücken, leider auch bundesweit.

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