nd-aktuell.de / 25.05.2021 / Politik / Seite 6

Aung San Suu Kyi trifft erstmals ihre Anwälte

Myanmars Regierungschefin wird an unbekanntem Ort festgehalten

Naypyidaw. Die unter Hausarrest gestellte Regierungschefin von Myanmar, Aung San Suu Kyi, hat am Montag erstmals seit dem Militärputsch von Anfang Februar Zugang zu ihren Anwälten bekommen. Vor einem persönlichen Gerichtstermin in der Hauptstadt Naypyidaw habe die 75-Jährige eine halbe Stunde Zeit bekommen, um sich mit ihrem Verteidigungsteam zu beraten, sagte Anwalt Thae Maung Maung der Deutschen Presse-Agentur. »Sie ist bei guter Gesundheit.« Suu Kyi wurde seit dem Umsturz nicht mehr öffentlich gesehen und wird an einem unbekannten Ort festgehalten. »Sie hat uns gesagt, dass sie nicht einmal weiß, wo sie derzeit genau lebt. Sie hat keinerlei Zugang zu Informationen oder zu Zeitungen, und sie weiß nicht, was in Myanmar derzeit passiert«, so das Verteidigungsteam am Telefon.

Die Justiz beschuldigt die Friedensnobelpreisträgerin verschiedener Vergehen, darunter Verstöße gegen die Außenhandelsgesetze, ein Staatsgeheimnisgesetz aus der Kolonialzeit und die Corona-Maßnahmen. Am schwersten wiegt bislang der Vorwurf, »Anstiftung zum Aufruhr« betrieben zu haben. Alle bisherigen Gerichtstermine waren per Videoschalte durchgeführt worden, ohne dass Suu Kyi mit ihren Verteidigern reden konnte.

Die entmachtete Politikerin habe betont, dass 30 Minuten nicht ausreichten, um mit ihren Anwälten alle Fälle zu besprechen. Sie habe diese deshalb gebeten, beim Richter ein weiteres Treffen zu beantragen, hieß es. Anschließend bekamen die Anwälte Zugang zum ebenfalls festgesetzten Staatspräsidenten Win Myint. Die eigentliche Anhörung wurde vom Richter auf den 7. Juni vertagt.

Das Land versinkt seit dem Putsch in Chaos und Gewalt. Das Militär unterdrückt brutal jeden Widerstand. Nach Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP sind mindestens 818 Menschen getötet worden. Fast 5400 wurden festgenommen.

Suu Kyi hatte bereits insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. Nach Einleitung demokratischer Reformen war sie 2016 faktische Regierungschefin geworden. Sie hatte sich bei der Wahl im November eine zweite Amtszeit gesichert.dpa/nd