EU fährt schwere Geschütze auf

Peter Steiniger zu den Reaktionen auf Lukaschenkos Luftnummer

Alexander Lukaschenko, der einem kollegialen Führungsstil nicht zugeneigte Staatschef von Belarus, hat sich und der Welt keinen Gefallen getan, als er die Maschine der Ryanair nach Minsk dirigieren ließ, um einen oppositionellen Agitator aus dem Verkehr zu ziehen. Die Indizien sprechen klar dafür, dass die Aktion auf Roman Protassewitsch zielte, dieser und seine Freundin Sofia Sapega nicht einfach nur ein Beifang für die politische Polizei waren.

Ein solcher Vorgang, der elementare Regeln des internationalen Luftverkehrs missachtet, muss untersucht werden und rechtfertigt starke politische Reaktionen. Die Hysterie und Scheinheiligkeit, mit der auf den Piratenakt reagiert wird, übersteigen jedoch jedes Maß. Die westliche »Wertegemeinschaft« spielt sich dabei einmal mehr als moralische Autorität auf. Von der Empathie, die ihre Führer für den rechten Reporter und Aktivisten Protassewitsch entwickeln, können eigene Dissidenten wie Edward Snowden und Julian Assange nur träumen. Die EU ist unglaubwürdig, weil sie auch hier mit zweierlei Maß misst. Nicht alle Schurken sind gleich, manche sind gleicher und deshalb Partner. Und die in Sonntagsreden geheiligten Werte saufen an den EU-Außengrenzen ab.

Lesen Sie auch: Minsk erzählt Märchen. Die illegale Festnahme von Roman Protassewitsch ist ein Machtbeweis und eine Botschaft an die Opposition

Der Widerstand gegen Autoritarismus verdient Solidarität, vieles an den Zuständen in Belarus ist kritikwürdig. Aber auch, dass die EU die Proteste der Menschen dort für den eigenen geopolitischen Konkurrenzkampf mit Russland und China instrumentalisiert. Das ist ein gefährliches Spiel, denn Belarus ist für Moskau auch eine wichtige Pufferzone zum Nato-Terrain. Brüssel möchte Lukaschenko den Devisenhahn zudrehen. Unter den Sanktionen der Europäischen Gemeinschaft werden in Belarus nun vor allem die Menschen außerhalb des Präsidentenpalastes zu leiden haben. Das ist bei diesem Embargo Vorsatz.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal