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Zentralstelle statt Sonderbeauftragter

Der Schwerpunkt Hasskriminalität wird jetzt von zwei Staatsanwälten bearbeitet

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Die neue Zentralstelle zur Bekämpfung der Hasskriminalität in Brandenburg besteht aus zwei Staatsanwälten, die sich diesem Thema vorrangig widmen sollen. Für die Linke ist dem Vorhaben, einen Beauftragten gegen diese Form der Kriminalität einzusetzen, damit aber nicht vollends Genüge getan.

Im Rechtsausschuss des Landtags erklärte Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) am Donnerstag, mit der geschaffenen Doppelbesetzung sei ihr Haus über den Beschluss beziehungsweise über den Auftrag des Parlaments noch hinausgegangen. Damit sei seit Monatsbeginn eine Bündelung von Fachwissen und Ressourcen zur Verfolgung der Hasskriminalität nicht allein im Internet, sondern auch außerhalb davon gegeben.

Weil gleichzeitig das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität auf Bundesebene in Kraft getreten ist, rechnet die Justizministerin mit einer »deutlichen Zunahme von Verfahren«. Die neue Zentralstelle bei der Generalstaatsanwaltschaft soll Verfahren mit überregionalem Bezug koordinieren, Kontrollrechte wahrnehmen, die Strafverfolgung optimieren und eventuellen Defiziten entgegenwirken. In besonders schwerwiegenden Fällen werden die beiden Staatsanwälte die Verfahren an sich ziehen und die Ermittlungen selbst führen. Die Bildung dieser Zentralstelle geht auf einen Landtagsbeschluss vom Januar dieses Jahres zurück.

Generalstaatsanwalt Andreas Behm ergänzte, die mit der Verfolgung von Hasskriminalität beauftragten beiden Staatsanwälte würden sich insofern die Arbeit teilen, als der eine die Außenvertretung wahrnehmen solle, während dem anderen die innere Abstimmung der Verfahren obliege. Behm kündigte ein Treffen mit dem Polizeipräsidenten und dem Verfassungsschutzchef an, bei dem erör᠆tert werde, wie deren Tätigkeit von der neuen Zentralstelle berührt sei. Einbezogen werden sollen auch Nichtregierungsorganisationen. »Ich bin zuversichtlich, dass wir dies in der nächsten Zeit stemmen werden«, sagte er.

Die Abgeordnete Marlen Block (Linke) bezweifelt, dass mit dem eingeschlagenen Weg dem Parlamentsbeschluss zur Einsetzung eines Beauftragten gegen Hasskriminalität vollends entsprochen worden ist, zumal es keine zusätzlichen Stellen gebe.

Darauf erwiderte Ministerin Hoffmann, dass mit gleichsam verdoppelter Kraft angemessen auf die Forderung des Landtags reagiert werde. »Wir wollten es entpersonifizieren.« Dass es keine zusätzlichen Stellen gebe, sei so im Landtagsbeschluss vorgesehen gewesen, erklärte Hoffmann. Man könne aber davon ausgehen, dass die beiden mit der Verfolgung der Hasskriminalität beauftragten Staatsanwälte »ganz überwiegend für diesen Kriminalitätsbereich« tätig seien.

Für das vergangene Jahr registrierte die Polizei in Brandenburg insgesamt 2250 politisch motivierte Straftaten, darunter 101 Gewaltdelikte.

Ebenfalls seit Monatsbeginn hat bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Abrechnungs- und Arzneimittelkriminalität die Arbeit aufgenommen. Laut Ministerin soll sie mit der schon bestehenden Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität zusammenarbeiten. Sie befasse sich mit schweren Erscheinungsformen des Betruges und den »Straftaten im Bereich des Gesundheitswesens«. Dazu gehören laut Hoffmann gefälschte Arzneimittel, der Transport von Medikamenten auf unzulässigem Wege und der Abrechnungsbetrug von Pflegediensten, Apothekern und Ärzten. Dass Corona-Testzentren in Brandenburg falsch abgerechnet hätten, sei der Justiz derzeit nicht bekannt, doch könnten derartige Fälle bei der neuen Schwerpunktstaatsanwaltschaft landen, erklärte die Justizministerin.

2018 hatte die Lunapharm GmbH für Schlagzeilen gesorgt. Diese Pharmafirma soll in Griechenland gestohlene und möglicherweise unwirksame Krebspräparate an deutsche Krankenhäuser geliefert haben. Weil das Landesgesundheitsamt auf Hinweise darauf zunächst nicht angemessen reagierte, musste Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) zurücktreten. Ob Patienten tatsächlich unwirksame Medikamente verabreicht bekamen, lässt sich nicht sagen. Man weiß nicht, ob beim Transport die Kühlketten unterbrochen waren. Eine Untersuchung der vorschriftsmäßig zurückgehaltenen Proben hat aber zumindest ergeben, dass diese einwandfrei waren. Die Hauptverhandlung ist noch immer nicht eröffnet. Die Ex-Chefin von Lunapharm weist alle Vorwürfe zurück.

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