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Evelyn who?

Evelyn Zupke wird Beauftragte des Bundes für SED-Opfer

Es war ein zähes Ringen innerhalb der Regierungskoalition, wer den Staffelstab von Ronald Jahn über nehmen solle. Zwar nicht als Oberhaupt der Stasi-Unterlagenbehörde, denn diese ist per Gesetz aufgelöst. Der letzte Chef ist zum 17. Juni gekündigt, einem geschichtsträchtiges Datum, das man 40 Jahre im rheinischen Provinzstädtchen Bonn fernab vom historischem Geschehen mit salbungsvollen Reden beging, gewiss auch in banger Hoffnung, ein Arbeiteraufstand wie 1953 in der DDR möge die Bundesrepublik nie erschüttern.

Die Stasi-Akten werden fürderhin vom Bundesarchiv verwaltet, nach wissenschaftlichen Standards, nicht politisch diktiert und skandalisiert. Hofft man. Trotzdem, ein Ersatz musste her. Ergo ward das Amt eines Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur erfunden. Monatelang harrte die Weltöffentlichkeit der Entscheidung, wer für würdig befunden werde. Warum konnten sich Union und SPD nicht einigen? Qual der Wahl? Standen nicht ausreichend kompetente Kandidaten zur Verfügung? Hatten angefragte Personen keinen Bock? Warf die bevorstehende Bundestagswahl ihre Schatten voraus? Verlautbart wurde, es solle »niemand mit Parteibuch« sein.

Seit vergangenem Freitag ist die sprichwörtliche Katze aus dem Sack: Evelyn Zupke. Hm. Ähnlich der »New York Times«, die 2009 nach Bekanntgabe des Literaturnobelpreises titelte: »Herta who«, dürfte mancher fragen: »Evelyn who?« Wenig ist über sie bekannt. Die gelernte Gastronomin, geboren 1962 in Binz, war in den 80er Jahren Mitglied des Friedenskreises Weißensee und engagierte sich bei der Aufdeckung von Fälschungen bei den Kommunalwahlen 1989 in der DDR. Für manchen nicht genug Heldenmut und Ruhm. So kritisierte DDR-Aufarbeiter Ilko-Sascha Kowalczuk, Zupke habe »mit Aufarbeitung praktisch nichts zu tun, mit juristischen Fragen, die für diesen Job wichtig sind, schon gar nicht«.

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