nd-aktuell.de / 18.06.2021 / Politik / Seite 6

Putin-Biden-Gipfel: Treffen der Realos

Russland und die Vereinigten Staaten nähern sich vorsichtig an

Birger Schütz

Rund fünf Stunden waren für die Gespräche angesetzt, doch die beiden Präsidenten brauchten nur etwa dreieinhalb Stunden für eine Verständigung: Nach Monaten der diplomatischen Eiszeit haben sich US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin während ihres erstes Gipfeltreffens auf eine vorsichtige Annäherung geeinigt. Der russische Präsident lobte die Gespräche am Genfer See als »höchst konstruktiv«. Es habe »keine Feindseligkeiten« gegeben. Stattdessen hätten sich beide Seiten um gegenseitiges Verständnis bemüht und nach Wegen für eine Annäherung gesucht. US-Präsident Joe Biden bezeichneten den Ton der Gespräche als »gut« und »positiv«. »Es ist klar, dass niemand ein Interesse an einem neuen Kalten Krieg haben kann.«

Konkrete Verhandlungsergebnisse erzielten die beiden Staatschefs bei drei Themen. So einigten sich Moskau und Washington auf die Rückkehr ihrer abgezogenen Botschafter in deren jeweilige Gastländer. Russlands Botschafter Anatolij Antonow war im März nach Moskau zurückgerufen worden, nachdem Biden die Frage eines Journalisten bejaht hatte, ob er den russischen Präsidenten für einen Killer halte. US-Botschafter Mike Sullivan verließ Moskau daraufhin im April. Zuvor hatte ihm das russische Außenministerium die Heimreise nahegelegt.

Darüber hinaus vereinbarten die Präsidenten bilaterale Gespräche zum Thema Rüstungskontrolle. Dabei geht es unter anderem um die künftige Ausgestaltung des New-Start-Vertrags. Das letzte verbliebene atomare Abrüstungsabkommen läuft nach gegenwärtigem Stand im Jahr 2026 aus. Experten beider Länder sollen nun Mechanismen zur Kontrolle neuer und hochmoderner Waffensysteme suchen.

Weiterhin wurden Gespräche über Cybersicherheit vereinbart. Diese sind bereits für die kommenden Monate anvisiert. Dabei sollen unter anderem konkrete Fälle von Cyberangriffen geklärt und »rote Linien « gezogen werden. Außerdem wolle man Bereiche festlegen, in denen Cyberattacken künftig tabu sein sollen. Nach Vorstellung von US-Präsident Biden könnten dies bestimmte Bereiche der kritischen Infrastruktur wie die Energie- oder Wasserversorgung sein.

Neben den drei Verhandlungserfolgen stehen allerdings auch mehre Konfliktpunkte, bei denen eine Annäherung misslang. So verbat sich Putin amerikanische Kritik an russischen Menschenrechtsverletzungen und der Verhaftung von Kremlkritiker Alexej Nawalny. Ohne greifbare Ergebnisse blieben vorerst auch Gespräche über einen möglichen Austausch von Gefangenen. Der Konflikt in der Ostukraine sei nur am Rande gestreift worden, erklärte Putin. Die USA hielten aber an einer Lösung auf Basis der Minsker Vereinbarungen fest. Amerikanische Sanktionen gegen Russland waren kein Gipfelthema.