nd-aktuell.de / 19.06.2021 / Politik / Seite 20

Wer glaubt an Bitcoins?

DR. SCHMIDT ERKLĂ„RT DIE WELT

Christof Meueler
Wer glaubt an Bitcoins?

El Salvador hat als erstes Land der Welt die Bitcoins als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Ist das machbar?

El Salvador will sich damit vom Dollar lösen. Machbar ist das sicher. Obwohl ich bezweifle, dass man dort mit Bitcoins auf den Markt geht. Ein Problem sehe ich auch darin, dass diese Regelung vermutlich die Geldwäsche der organisierten Kriminalität erleichtert. Die operieren gerne mit Bitcoins, um anonym zu bleiben, wollen aber ihre illegalen Einnahmen irgendwann in gängigere Zahlungsmittel ummünzen.

Aus dem Darknet in die Legalität. Aber Brot kann ich in El Salvador mit Bitcoins nicht kaufen?

Theoretisch schon. Vorausgesetzt, die Bäckerei nutzt solche Terminals, wo du mit dem Handy bezahlen kannst, in dem deine digitale Brieftasche steckt. Dieser Teil der Bezahlung könnte sicher ähnlich abgewickelt werden wie bei Handyzahlungen in der Kaufhalle. Dann ist allerdings der Vorteil der anonymen Zahlungen wieder weg.

Aber braucht das nicht sehr viel Strom?

Die Bezahlerei an einer Kasse würde auch nicht mehr Strom kosten als Kartenzahlung. Was richtig viel Energie frisst, ist das, was hinter dem Zahlungsvorgang steckt.

Das wäre?

Bitcoins beruhen ja auf der Blockchain-Technologie. Das heißt, jede Geldeinheit besteht aus fälschungssicher verschlüsselten Datenblöcken. Bei jedem Zahlungsvorgang wird ein neuer Block angehängt, da das System ohne zentrale Banken auskommt. Und jeder neue Block muss einen komplizierteren Schlüssel, die sogenannte Difficulty, enthalten. Diese »Schwierigkeit« wird mit aufwendiger und stromfressender Computertechnik erzeugt. Die sogenannten Miner, also die Schürfer, sind inzwischen spezialisierte Rechenzentren, die untereinander um die Rangfolge im Berechnen der neuen Blöcke konkurrieren. Sie kriegen für jede Transaktion, die sie über ihre Rechner laufen lassen, eine Transaktionsgebühr und eine Prämie.

Warum schwanken die Kurse so stark?

Weil die Menge an Bitcoins, anders als unser Zentralbankgeld, limitiert ist. Bis 2140 können genau 21 Millionen Bitcoins geschürft werden. Deshalb ist die Deflation eingebaut. Am Anfang hatte ein Bitcoin einen Wert von etwa einem Dollar, erreichte aber Spitzenwerte von bis zu 60 000 Dollar. Viele betrachten das als sehr spekulative Geldanlage. Der Kurs schwankte heftig, als Elon Musk im Mai ankündigte, man könne künftig Tesla-Autos mit Bitcoins bezahlen. Und als er dann Anfang Juni verkündete, erst mal doch nicht, sackte der Kurs gleich wieder in den Keller.

Das ist doch wie an den Börsen.

Klar. Alles Geld basiert von Anbeginn auf dem Vertrauen darauf, dass du für das Geld einen gleichen Wert bekommst. Insofern ist Geld Kredit. Heinrich Heine antwortete im Französischunterricht auf die Frage »Was heißt Glauben?«: Crédit. Dafür bezog er Dresche. Er sollte nämlich Religion sagen. Rückblickend meinte Heine, mit der Religion hätte er viel mehr Ärger gehabt als mit dem Kredit.