nd-aktuell.de / 23.06.2021 / Brandenburg / Seite 13

Kliniken unter Profitdruck

Linke schlägt einen Landesverbund aller kommunalen Krankenhäuser vor

Andreas Fritsche, Teltow

Die Krankenhäuser im Bundesland stehen »unter einem massiven Profitdruck« und sind deshalb »Krisen nicht gewachsen«, sagt Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter am Dienstag in Teltow. »Wir wollen den Druck wegnehmen und schlagen zum wiederholten Mal einen Landeskrankenhausverbund vor.«

Die Linksfraktion hat bei einer zweitägigen Klausur im Ginn-Hotel in Teltow die Möglichkeiten der Gründung eines solchen Krankenhausverbundes anhand eines Diskussionspapiers besprochen. Den Inhalt des vierseitigen Papiers stellte Walter gemeinsam mit dem Abgeordneten Ronny Kretschmer am Dienstag vor. »Wenn wir die Struktur so lassen, wie sie ist, sind die Kliniken auf Dauer nicht mehr zu halten«, warnt Walter. Geschäftsführer verschiedener Krankenhäuser hätten signalisiert, dass ihre Einrichtungen in großen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Der Abgeordnete Kretschmer erklärt: »Die große Befürchtung ist, dass im nächsten Jahr noch mehr Kliniken - wie sagt man so schön - über die Wupper gehen. Bei uns müsste man vielleicht sagen, über die Havel gehen.« Der Markt sei gerade »gnadenlos«.

Eine Ausweg sieht die Linke in einem Landeskrankenhausverbund, in dem sich die kommunalen Kliniken zusammenschließen und mit den gemeinnützigen, zum Beispiel evangelischen und katholischen, Kliniken kooperieren. Mittel- bis langfristig schwebt der Linkspartei vor, die in den vergangenen 30 Jahren privatisierten Krankenhäuser wieder in die öffentliche Hand zu nehmen. Als erster Schritt in diese Richtung sollten die psychiatrischen und neurologischen Fachkliniken, die das Land Brandenburg 2006 an den Asklepios-Konzern verkauft hatte, in den Verbund überführt werden. Der Verkauf sei »ein großer Fehler« gewesen, steht in dem Diskussionspapier.

Die Vorteile eines Verbundes liegen für Kretschmer auf der Hand. So könnte der Verbund günstiger für alle Kliniken einkaufen als es zum Beispiel ein kleines Krankenhaus mit 150 Betten wie das in Beeskow jemals für sich allein tun könnte. Es will Kretschmer auch nicht in der Kopf, warum dieses Krankenhaus in Beeskow dem Landkreis Oder-Spree gehört, das Krankenhaus in Eisenhüttenstadt im selben Landkreis jedoch der Stadt.

Kretschmer bestätigt, das größte Hindernis bei der Gründung eines Krankenhausverbundes, der Anteile an den einzelnen Kliniken erwerben soll, sei der Wille der Kommunalpolitiker, ihre Kliniken unter eigener Kontrolle zu behalten. Die Bereitschaft, Verantwortung abzugeben, wachse aber dort, wo sich Kliniken in finanzieller Schieflage befinden und zur Belastung für die Haushalte der Kommunen werden oder wo sogar das Aus für den Standort droht, was vor Ort natürlich niemand wolle. Dies könne dazu führen, dass zunächst nur die problematischen Häuser in den Verbund überführt werden. »Aber auch dann wäre schon etwas gewonnen«, glaubt der Abgeordnete, der von Beruf Krankenpfleger ist. Die Alternative seien weitere Privatisierungen. Dazu heißt es im Diskussionspapier: »Wir beobachten seit langem, dass Privatisierungen im Gesundheitssektor mit einer deutlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den betroffenen Häusern einhergehen. Denn wer mit Krankenhäusern Profite machen will, kann dies nur auf Kosten der Versorgung von Patienten und auf dem Rücken der Beschäftigten realisieren.«

Die Linke wünscht sich flächendeckend Tariflöhne, die bisher nur in drei kommunalen Krankenhäusern gezahlt werden. Kretschmer gibt zu, dass sich mit dem Tarif die finanzielle Schieflage einiger Krankenhäuser zunächst noch verschärfen würde. So stehe das Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum durch den Beschluss der Stadtverordneten zur Wiedereinführung des Tarifs vor einer große Herausforderung. Aber durch Tariflöhne überall würde endlich der ruinöse Wettbewerb um Fachkräfte aufhören, wirbt Kretschmer. Und, so ergänzt Fraktionschef Walter, wenn die Politik es ernst meine, dass die Krankenpflege systemrelevant sei, müssten die Pflegekräfte anständig bezahlt werden.