nd-aktuell.de / 30.06.2021 / Ratgeber / Seite 22

»Ich will Niemandem zur Last fallen!«

Testamentsvollstreckung wird immer wichtiger

Margit Winkler

Die Testamentsvollstreckung trifft konkret den Nerv von allen: Denn wer will schon seinen Kindern in kritischen Lebenssituationen zur Last fallen? Wie oft fällt der Satz: »Ich will Niemandem zur Last fallen!« Es geht bei der Testamentsvollstreckung auch um die Unterstützung bei minderjährigen Erben. Oder man möchte nicht, dass das Vermögen zerblättert wird. Doch welches sind die fünf wichtigsten Situationen, in denen eine Testamentsvollstreckung die Erben entlastet?

1. Immobilienbesitz: Die Kinder sind beschäftigt, wohnen weit weg und möchten nicht mehr in der elterlichen Immobilie leben. Da kann das Erbe schnell zur Belastung werden. In einem Fall schilderte mir ein Testamentsvollstrecker aus dem Schwarzwald von der Situation des Erblassers, dessen Kinder in Hamburg und Singapur leben. Nach dem Willen des Verstorbenen hat der Testamentsvollstecker nun die Immobilie veräußert oder renoviert und vermietet, so dass die Kinder keine Belastung damit verbinden.

2. Vermögensanlagen Wertpapiere: Größere Vermögen in unterschiedlichen Anlageklassen entstehen häufig über Jahrzehnte. Wer von heute auf morgen große Summe zu verwalten hat, fühlt sich zurecht überfordert. Der langjährige Berater des Erblassers kennt dessen Bedürfnisse am besten. Er kann in der Funktion des Testamentsvollstreckers das Vermögen weiter verwalten und so die Erben entlasten.

3. Minderjährige Erben: Werdende Eltern sorgen sich um die Gesundheit des Babys und tun alles dafür, um mögliche Risiken zu vermeiden beziehungsweise diese kalkulierbar zu machen. Risikoversicherungen, erste Anlagen für das Baby und Unfallversicherungen können dazu gehören. Doch die rechtlichen Regelungen werden häufig versäumt! Was passiert, wenn wirklich die Versicherung zahlt, weil die Eltern tödlich verunglücken? Gute beraten sind diejenigen, die das Vermögen (der Eltern plus Versicherungsleistungen) von einem Testamentsvollstrecker bis zur Volljährigkeit oder darüber hinaus verwalten lassen.

Zudem kommt es häufig vor, dass der Opa dem Enkel eine Summe vermachen will. Der Testamentsvollstrecker kann nach Opas Tod den Betrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verwalten. Zusätzliche Auflagen, wie ein abgeschlossenes Studium oder Ausbildung, können vereinbart sein.

4. Kinderlosigkeit: Bei den heutigen Vermögensverhältnissen sind bei Kinderlosigkeit Zustiftungen oder eigene Stiftungen der Erblasser keine Seltenheit mehr. Das Vermögen muss, wie in der Stiftung festgehalten, verwaltet werden. So mancher Testamentsvollstrecker erfährt dies erst mit Testamentseröffnung. Dabei kann man auch schon zu Lebzeiten seine Stiftung gründen. Für die wunschgemäße Umsetzung nach dem Tod sorgt der Testamentsvollstrecker und damit Spuren hinterlassen werden die Stiftung.

5. Behinderte Kinder: Sorgen der Eltern wegen der Fürsorge nach ihrem eigenen Tod und wegen des uneinbringlichen Pflichtteils für das Kind können mit einem entsprechenden Testament gelöst werden. Der Testamentsvollstrecker verwaltet das Vermögen in Höhe des Pflichtteils und erreicht mit den daraus erzielten Erträgen konkrete Maßnahmen für Zuwendungen an das behinderte Kind.

Die Autorin ist Geschäftsführerin des Instituts GenerationenBeratung GmbH (IGB) in Bad Nauheim und Expertin rund um Vollmachten, Verfügungen, Pflege und Testament.