nd-aktuell.de / 07.07.2021 / Ratgeber / Seite 18

Über 9400 warten auf ein Spenderorgan

fragen & antworten zum »Tag der organspende«

Niere, Leber oder Herz: Tausende Menschen in Deutschland brauchen ein lebensrettendes Spenderorgan. Sie warten oft jahrelang - und viele vergeblich. Zum »Tag der Organspende« am 5. Juni 2021, der wegen der Corona-Pandemie erneut nur virtuell begangen wurde, wurde unter dem Motto »Entscheide Dich« bundesweit auf das Thema aufmerksam gemacht werden. Fragen & Antworten zum gegenwärtigen Stand bei der Organspende.

Wie viele Menschen warten auf ein Spenderorgan?

Bundesweit stehen nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation mehr als 9400 schwer kranke Menschen auf der Warteliste. Bei jährlich Hunderten Patienten verschlechtert sich der Gesundheitszustand so dramatisch, dass eine Transplantation nicht mehr möglich ist oder sie während der Wartezeit sogar sterben, weil nicht rechtzeitig ein passendes Organ gefunden wurde.

Allein rund 7300 Menschen brauchen eine neue Niere. Das sind weit mehr als dreimal so viele Nieren, wie im vergangenen Jahr transplantiert wurden. Insgesamt sind sogar 90 000 Menschen auf die Dialyse angewiesen. Zum Teil lassen sich diese Patienten gar nicht mehr auf die Warteliste setzen, weil sie keine Hoffnung haben, überhaupt eine postmortale Organspende zu erhalten. Fast 900 Menschen warten zudem auf eine Leber und rund 700 stehen auf der Warteliste für ein neues Herz.

Wie viele Spender gibt es in Deutschland gegenwärtig?

Nach dem Tiefpunkt im Jahr 2017, als die Organspendezahlen auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren sanken, stiegen sie 2018 deutlich an. Seitdem sind sie aber wieder leicht gesunken. Im vergangenen Jahr spendeten 913 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe. Insgesamt 2941 Organe konnten somit zur Transplantation vermittelt werden.

Wie wirkt sich die Coronavirus-Pandemie aus?

Trotz der Pandemie blieben die Organspendezahlen in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern stabil. Das gilt für das Jahr 2020 ebenso wie für die ersten vier Monaten dieses Jahres.

Jeder potenzielle Organspender wird auf Sars-CoV-2 getestet. Die Organtransplantation nach Lebendspenden wurden insbesondere zu Beginn der Pandemie an einigen Zentren aus Gründen des Infektionsschutzes eingeschränkt. Ob der Rückgang bei den Lebendspenden insgesamt allein darauf zurückzuführen ist, ist schwer abzuschätzen. Schon seit einigen Jahren gehen Lebendspendetransplantationen zurück, vor allem bei der Niere.

Gibt es einen Entscheidungszwang zur Organspende?

In Deutschland gilt die sogenannte Entscheidungslösung. Danach dürfen die Organe nach dem Tod nur dann entnommen werden, wenn der Verstorbene oder stellvertretend die Angehörigen zu Lebzeiten zugestimmt haben. Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist in Deutschland nach wie vor freiwillig.

Voraussetzung für eine Organ- oder Gewebespende ist neben der Feststellung des Hirntods, dass ein Verstorbener zu Lebzeiten der Organspende zustimmte - mit einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung. Wenn dies nicht der Fall ist, werden die Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gefragt, was aber sehr belastend sein kann.

In nur etwa 38 Prozent aller Fälle, in denen 2020 die Möglichkeit zu einer Organspende bestand, war der Wille des Verstorbenen schriftlich oder mündlich dokumentiert. Künftig sollen die Bürger bei Behördengängen und Arztbesuchen stärker zu einer Entscheidung ermuntert werden.

Wie viele Menschen besitzen hierzulande einen Organspendeausweis?

Nach einer aktuellen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung dokumentierten mittlerweile 44 Prozent der Bundesbürger ihre Entscheidung in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung. 2012 waren es erst 26 Prozent. Ab März 2022 steht dazu auch ein Onlineregister zur Verfügung.

Welche Organe können überhaupt gespendet werden?

Das sind Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Außerdem lassen sich Gewebe wie zum Beispiel Hornhaut oder Knochen verpflanzen. Im Spenderausweis können aber auch einzelne Organe ausgeschlossen werden. AFP/nd