nd-aktuell.de / 07.07.2021 / Ratgeber / Seite 23

Millionendefizite durch Rückforderungen der Bankkunden

Umfrage: Geldhäusern brechen Erträge weg

Viele Banken und Sparkassen haben einer Umfrage zufolge in den vergangenen Jahren an der Gebührenschraube gedreht. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox berichteten 40 Prozent der Befragten von Gebührenerhöhungen für das Girokonto seit Anfang 2018. Weitere 20 Prozent wussten nicht, ob ihr Finanzinstitut für Kontoführung und andere Leistungen mehr Geld verlangt. »Bei der bislang gängigen Praxis der stillschweigenden Zustimmung haben viele Bankkunden von angekündigten Gebührenerhöhungen oft gar nichts bemerkt«, erläuterte Oliver Maier, Geschäftsführer von Verivox Finanzvergleich.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 36/20, siehe nd-Ratgeber vom 9. Juni 2021) in einem Verfahren um die Postbank müssen Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zustimmung ihrer Kunden einholen, also beispielsweise auch bei Gebührenerhöhungen. Die vorausgesetzte stillschweigende Zustimmung benachteilige Kunden unangemessen. Laut Stiftung Warentest können viele Kunden nun einen Teil der zu viel gezahlten Gebühren zurückfordern - rückwirkend bis zum 1. Januar 2018.

Auch nach Auffassung von Verbraucherschützern ergeben sich aus dem Urteil Ansprüche für Kunden der Postbank und anderer Institute. Verivox zufolge würde sich die große Mehrheit der Befragten (82 Prozent) zu viel gezahlte Gebühren grundsätzlich von ihrem Institut erstatten lassen, wenn sie darauf einen Anspruch hätten. Allerdings hat mehr als ein Drittel (36 Prozent) offensichtlich bislang nichts von der BGH-Entscheidung mitbekommen.

Künftig brauchen Banken die aktive Zustimmung ihrer Kunden, wenn sie an der Gebührenschraube drehen wollen. Mehr als jeder Dritte (37 Prozent) würde bei Erhöhungen bis 20 Euro pro Jahr das Institut wechseln. Für gut ein Viertel (26 Prozent) wären 21 bis und 40 Euro jährlich mehr ein Grund, sich ein anderes Geldhaus zu suchen. Zusammengenommen ebenfalls etwa ein Viertel würde bei Erhöhungen von 41 bis 60 Euro oder über 60 Euro die Reißleine ziehen.

Die Deutsche Bank rechnet nach dem BGH-Urteil mit Belastungen in dreistelliger Millionenhöhe. Weil Kunden bereits gezahlte Gebühren zurückfordern können, werde das Institut im zweiten Quartal voraussichtlich 100 Millionen Euro zurückstellen, erklärte Finanzvorstand James von Moltke auf einer Konferenz der US-Investmentbank Goldman Sachs. Zudem dürften die Erträge des Konzerns infolge des Urteils im zweiten und dritten Quartal um jeweils etwa 100 Millionen Euro niedriger ausfallen.

Bis zum Herbst will die Deutsche Bank aber Lösungen gefunden haben, um die Gebührenerhöhungen beim Großteil ihrer Kunden durchzusetzen. Laut von Moltke sollen die Erträge der Bank im vierten Quartal wieder so hoch liegen wie zuvor vom Management geplant. Allerdings stellt sich das Institut auch darauf ein, Kunden zu verlieren.

Nach Einschätzung der Finanzaufsicht Bafin könnte das Urteil die Banken in Deutschland im schlimmsten Fall geschätzt bis zur Hälfte des Jahresüberschusses kosten, hatte der oberste Bankenaufseher und kommissarische Bafin-Präsident Raimund Röseler im Mai gesagt. dpa/nd