nd-aktuell.de / 13.07.2021 / Kommentare / Seite 4

Keine Pauschalisierungen

Daniel Lücking über bedingt friedliche UN-Einsätze und Fangfragen

Daniel Lücking

Seit sich die Linke gegen Bundeswehreinsätze ausspricht, halten Kritiker*innen der Partei einiges vor. Nicht nur eine generelle Feindlichkeit gegenüber Soldat*innen, sondern auch eine weltfremde und an den Realitäten vorbei gehende Auffassung von Außenpolitik wird aus diesem Nein abgeleitet. Das pauschale Dagegen-Sein wird stets als verwerflich und realitätsfern dargestellt.

Im ZDF-Sommerinterview, aber auch in anderen Fragerunden an Linke-Spitzenpolitiker*innen ist nun ein neuer Kurs zu erkennen. Plötzlich scheinen Pauschalisierungen gefragt zu sein - jedenfalls, wenn es sich elegant mit der Forderung verknüpfen lässt, die Linke müsse gewissen Auslandseinsätzen eben doch zustimmen. So versuchte am Sonntagabend auch die Journalistin Shakuntala Banerjee, der Spitzenkandidatin und Linke-Bundesvorsitzenden Janine Wissler ein Bekenntnis zu Auslandseinsätzen zu entlocken. Banerjee zitiert aus der roten Haltelinie der Linken: »Wir gehen keinen Schritt in Richtung Kampfeinsätze der Bundeswehr.« Damit seien andere Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht mehr kategorisch ausgeschlossen, folgerte Banerjee und hakte nach: »Heißt das zum Beispiel, dass Sie in Zukunft UN-Blauhelmeinsätzen in Friedensmissionen zustimmen werden?« Wissler darf nicht ausreden, wie so oft in dem Interview, und wird dann mit dem Zitat der Co-Vorsitzenten Susanne Hennig-Wellsow konfrontiert, die kürzlich nichts gegen unbewaffnete Blauhelmeinsätze einzuwenden hatte.

Doch schon die Darstellung Banjerjees, die Blauhelmeinsätze seien Friedensmissionen, quasi unbewaffnet und etwas völlig anderes als Kampfeinsätze, gehen an den Realitäten vor Ort vorbei. Insbesondere in Mali findet der UN-Einsatz Minusma in direkter Nähe zu den Kampfeinsätzen anderer Nationen statt.

Auch wenn sich UN-Truppen optisch und in ihren Aufgaben von den Kampftruppen abzuheben versuchen, sind sie besonders in Mali so gefährdet wie die kämpfende Truppe. Schon jetzt gilt Mali mit 231 bisher getöteten Soldat*innen als verlustreichster Einsatz der UN. Für die Gegner, denen sich das »kämpfende Militär« und die »friedenssichernde UN« gegenüber sehen, gibt es keinen Unterschied zwischen beiden.

Zu Recht werden solche Einsätze durch die Linke bisher abgelehnt, da es an nachhaltigen politischen Konzepten mangelte. Das betrifft auch immer wieder UN-Missionen, die wie ein Feigenblatt wirken, während rund um diese Friedensmissionen eigentlich Krieg herrscht. Einen pauschalen Freibrief für UN-Missionen darf es daher nicht geben.

Zu den durchaus zustimmungsfähigen Auslandseinsätzen darf indes die Katastrophenhilfe durch Militärpersonal gezählt werden. Oder aber - auch wenn das aktuell eine Utopie ist - eine permanente Rettungsmission im Mittelmeer, bei der Geflüchtete nicht beschossen oder anderweitig zurückgedrängt werden. Doch sind derartige Missionen nicht in Sicht, und sie dürften keinesfalls durch gleichzeitige weitere Bestrebungen konterkariert werden. Das war in der Vergangenheit nur all zu oft der Fall und passierte rund um den Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan wie auch jetzt in Mali.