nd-aktuell.de / 13.07.2021 / Politik / Seite 6

Gegen korrupte Eliten, für den Wandel

Bei den Parlamentswahlen in Moldau und Bulgarien stimmen die Wähler für neue Parteien

BIRGER SCHÜTZ

Er pries das ungarische Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität und Transsexualität, warnte vor finsteren Umstürzlern aus dem Ausland und ließ angeblich sogar die Präsidentin beschatten: Vor den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag ließ Moldaus Expräsident Igor Dodon nichts unversucht, um den drohenden Verlust der absoluten Mehrheit seiner regierenden Sozialisten (PSRM) doch noch abzuwenden.

Vergebens: Bei der Richtungswahl in der früheren Sowjetrepublik entschieden sich die Moldauer klar für den westlich orientierten Kurs von Präsidentin Maia Sandu. Ihre Partei Aktion und Solidarität (PAS) kam nach Auszählung aller abgegebenen Stimmen auf knapp 53 Prozent. Damit belegt Sandus Partei im Parlament künftig 63 der 101 Sitze und kann angestrebte Reformen in den Themenbereichen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung anstoßen. Bei der Abstimmung über Moldaus Kurs zwischen Ost und West gingen nur 48 Prozent der rund 3,3 Millionen Stimmberechtigten an die Urnen.

Igor Dodons zwei Monate vor den Wahlen geschmiedetes Bündnis mit den Kommunisten von Altpräsident Wladimir Woronin landete mit großem Abstand und rund 27 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz. Der als moskaufreundlich geltende Dodon räumte seine Niederlage zunächst ein - und teilte dann aus: Wahlsiegerin Sandu und ihre PAS arbeiteten angeblich an einer Vereinigung mit dem Nachbarland Rumänien, behauptete Dodon am Montag laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Auch der EU-kritischen Partei des umstrittenen Geschäftsmannes Ilan Schor gelang mit 5,7 Prozent der abgegebenen Stimmen der Einzug in das moldauische Parlament. Die restlichen rund 20 angetretenen Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Unter den Kräften, die den Sprung ins Parlament nicht schafften, war auch der linke und kollektiv geführte Bürgerkongress. Die vor anderthalb Jahren gegründete Partei um den früheren Chefideologen der moldauischen Kommunisten Mark Tkaciuk hatte zum ersten Mal an Parlamentswahlen teilgenommen und landete weit abgeschlagen mit 0,7 Prozent der Stimmen auf dem achten Platz.

Weniger eindeutig gingen die Wahlen dagegen in Bulgarien aus, wo die Wähler am vergangenen Sonntag über die neue Zusammensetzung der Nationalversammlung abstimmten. Dabei lieferten sich die bisherige Regierungspartei Gerb von Ex-Ministerpräsident Bojko Borissow und die oppositionelle Kraft Es gibt so ein Volk (ITN) des bekannten Entertainers und Sängers Slawi Trifonow ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen.

Nachdem am Sonntag noch Borissows Gerb-Partei vorn lag, zeichnete sich am Montagnachmittag ein hauchdünner Sieg der populistischen Partei von Herausforderer Trifonow ab. Einem amtlichen Zwischenergebnis zufolge erlangte die ITN demnach 23,91 Prozent der Stimmen. Damit liegt sie allerdings nur 0,22 Prozentpunkte vor der zweitplatzierten Gerb-Partei von Borissow. Das vorläufige Ergebnis beruht auf der Auszählung von 98,92 Prozent der Stimmen aus dem Inland. Den Ausschlag könnte nun die Auszählung der Stimmen der zahlreichen im Ausland lebenden und arbeitenden Bulgaren geben. Erst 82 Prozent der Stimmen dieser Wählergruppe, die traditionell gegen die seit 2009 durchregierende Gerb-Partei von Bojko Borissow stimmt, sind laut der Zentralen Wahlkommission (ZIK) ausgezählt.

Auch drei weitere Parteien dürften den Einzug ins bulgarische Parlament schaffen. Dem amtlichen Zwischenergebnis zufolge sind dies die frühere bulgarische KP (13,5 Prozent), das konservativ-liberal-grüne Bündnis Demokratisches Bulgarien (12,5 Prozent) und die populistische Kraft Richte dich auf! Mafiosi raus! (5,03 Prozent).

Selbst wenn Gerb im Laufe der Stimmenzählung noch einen leichten Vorsprung erringen sollte: Bojko Borissows Partei dürfte keine Partner finden, um weiter zu regieren. Eine Zusammenarbeit hatten die meisten Parteien im Vorfeld ausgeschlossen. Beobachter erwarten, dass die populistische ITN eine Koalition schmiedet. Das Endergebnis steht am 18. Juli fest. Mit Agenturen