nd-aktuell.de / 17.07.2021 / Wissen / Seite 20

Ökologisch ist Raumfahrt ein ziemliches Fiasko

DR. SCHMIDT ERKLÄRT DIE WELT

Wolfgang Hübner und Steffen Schmidt

Der Milliardär Richard Branson flog mit einer von seinem Geld gebauten Rakete in die Schwerelosigkei[1]t, der Milliardär Jeff Bezos folgt. Sind das Weltraumflüge?

Jein. Zumal das Gefährt von Branson zwar einen Raketenantrieb hat, aber eher ein Raketenflugzeug ist. Bei Bezos gibt es eine Rakete, mit der man eine Umlaufbahn erreichen kann, auch wenn er das vielleicht im ersten Anlauf nicht macht.

Gibt es etwas Neues an diesen Fluggeräten?

Neu ist immer die konkrete Maschine, bei Branson das Raketenflugzeug. Und der geeignete Antrieb in passender Größe. Branson musste nicht die erste kosmische Geschwindigkeit erreichen, mit der man aus der Erdanziehung entweichen kann. Bei Bezos und dem dritten Konkurrenten Elon Musk geht es da um größere Beträge. Die wollen raus ins All und brauchen viel mehr Power.

Fliegen hat ein schlechtes Image - und bei diesen Raketen ist der Abgasausstoß ungleich größer als bei Flugzeugen, oder?

Das ist nicht mal der größte Faktor. Gigantisch ist der indirekte Klimaeffekt, weil der ganze Treibstoff erst mal hergestellt werden muss. Im Falle von Musks SpaceX-Projekt sind das im Wesentlichen verflüssigtes Methan und verflüssigter Sauerstoff. Allein die Verflüssigung frisst viel Energie, denn die Gase müssen stark runtergekühlt werden.

Was ist der Zweck dieser Flüge - letztlich ein Massentourismus?

Bei Preisen, die in die Hunderttausende gehen, werden es wohl keine Massen. Kritischer ist die Idee von Musk, den Mars zu besiedeln. Abgesehen davon, dass das auf einem Planeten ohne nennenswerte Atmosphäre abenteuerlich ist, müssten sehr viele Raketen fliegen, um eine Station aufzubauen. Ökologisch betrachtet ist Raumfahrt, bemannte zumal, sicherlich ein ziemliches Fiasko.

Ist ein Öko-Raketenantrieb in Sicht?

Man könnte solar erzeugten Wasserstoff tanken. Aber auch das ist energieintensiv. Und wenn wir unsere Klimaziele ernst nehmen, werden um solchen Wasserstoff viele konkurrieren - Stahlindustrie, Flugwesen, überhaupt der Verkehrssektor und andere.

Sind von diesen Raketenprojekten wissenschaftliche Erkenntnisse zu erwarten?

Eher technologische Gewinne. Zumindest bei Musk, der als Ingenieur selbst an der Entwicklung beteiligt ist. Er hat einiges verbessert, kann die Starts deshalb billiger anbieten. Die Russen beschuldigen ihn schon, dass er mit Dumpingpreisen operiert.

Branson ist fast 71, bei Bezos soll sogar eine 82-jährige Ex-Pilotin mitfliegen. Ist das Alter nicht unbedingt ein Problem?

Diese Leute sind im Alter noch fit, davon gibt es immer mehr. Einer der ersten Astronauten flog später, als Senator, noch mal zur Raumstation, mit über 70.

Also: Gesund ernähren, Sport treiben, zur Vorsorgeuntersuchung gehen?

Die sportlichen Ansprüche liegen sicher etwas über dem normalen Rentnersport.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154389.richard-branson-abgehoben.html