nd-aktuell.de / 27.07.2021 / Kultur / Seite 12

Ankunft in der Unendlichkeit

The Christians: »Harvest for the world«

Frank Jöricke

Der Gläubige an sich lebt in einem zeitlosen Raum. Moden und Trends interessieren ihn nicht. Schließlich ist das Hier und Jetzt nur eine kurze Zwischenstation vor der Ankunft in der Unendlichkeit. Das Denken des Gläubigen kreist um uralte Schriften, sein Blick geht Richtung Ewigkeit. Wer wollte es ihm verübeln, dass er zur Gegenwart ein distanziertes Verhältnis hat und dass ihm der gerade angesagte Zeitgeist allenfalls lästig ist?

The Christians (Die Christen) müssen sehr gläubig gewesen sein. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sie die Musikwelt der späten 80er - Synthie-Pop, Indie-Rock, (Old School) Hip-Hop, (Acid) House - komplett ignorierten. Stattdessen widmeten sie sich einem traditionellen Genre, das seinen Ursprung in den Gospelgesängen afroamerikanischer Gottesdienste hat: Soul.

Und damit auch jeder kapierte, dass sie mit all dem neumodischen Krempel nicht viel am Hut hatten, spielten sie das Isley-Brothers-Stück »Harvest for the world« so originalgetreu nach, dass man sich in die 70er Jahre zurückversetzt fühlte.

Doch so ganz mochten The Christians sich den Einflüssen der Gegenwart dann doch nicht entziehen. Das dazugehörige Video gab man unter anderem in die Hände von Aardman Animation, der Erfinder von Wallace & Gromit. Eine gute Entscheidung - der Clip gewann mehrere Auszeichnungen.