nd-aktuell.de / 29.09.2021 / Brandenburg / Seite 13

Perspektive als sozialistische Partei

Linksfraktionschef Sebastian Walter sieht keinen Bedarf für eine zweite SPD

Wilfried Neiße, Potsdam

Nur 8,5 Prozent erzielte die märkische Linke bei der Bundestagswahl am 26. September. Nie zuvor schnitt der Landesverband schlechter ab. Personelle Konsequenzen sind aber kurzfristig nicht zu erwarten. Mit der Begründung, »das würde uns keinen Wähler zurückbringen«, lehnte Landtagsfraktionschef Sebastian Walter etwas Derartiges ab.

Bei der Bundestagswahl 2009 waren die Sozialisten in Brandenburg noch auf 28,5 Prozent gekommen. Der Niedergang vollzog sich schrittweise. Bei der Landtagswahl 2014 gab es nach den ersten fünf Jahren rot-roter Koalition nur noch 18,6 Prozent. Spitzenkandidat war der damalige Finanzminister Christian Görke. Bei der Landtagswahl 2019 waren es nach zehn Jahren Rot-Rot lediglich 10,7 Prozent. Jetzt also nur noch 8,5 Prozent. Das reicht aber aus für einen Einzug des Spitzenkandidaten und Landtagsabgeordneten Christian Görke in den Bundestag. Linksfraktionschef Walter ist überzeugt: »Christian Görke war der richtige Kandidat.« Die historische Niederlage sei »keine Frage des Personals«. An anderer Stelle sagte Walter aber auch: »Bundesweit fehlt uns das überzeugende Personal.«

»Wir gehen nicht in Sack und Asche. Wir sind hier und wir bleiben hier«, versicherte der Politiker. Was das Wahlergebnis betreffe, gebe es nichts zu beschönigen. »Der Kater ist noch da, es ist und bleibt ein katastrophales Ergebnis[1]. Und es ist in Brandenburg noch einmal katastrophaler«, setzte Walter hinzu.

Der Versuch der Linkspartei, politisch alle anzusprechen, beschwöre die Gefahr herauf, niemanden anzusprechen. Der politische Gebrauchswert der Linken sei in Frage gestellt[2]. »Wir haben uns viel zu lange darauf verlassen, dass wir die bessere SPD sind.« Aber: »Wir brauchen keine zweite sozialdemokratische Partei.« Ein Feld, auf dem sich Die Linke betätigen könne, sei vorhanden: Jeder Dritte arbeite im Niedriglohnsektor, in der jungen Generation haben viele nicht einmal einen Arbeitsvertrag.

»Regieren heißt nicht, Grundsätze aufzugeben«
Susanne Hennig-Wellsow über Aufgaben der Linke-Parteispitze nach der Niederlage bei der Bundestagswahl[3]

Die Frage, ob der gesetzliche Mindestlohn 12 oder 13 Euro pro Stunde betragen solle, werde jedoch in dem Moment uninteressant, in dem Die Linke nicht in der Lage sei, politisch zu gestalten, meint Walter. Künftig käme es auf eine »Erzählung« an, die der Linkspartei eine Perspektive als sozialistische Partei sichere. Dass dies klappen könne, zeige das Abstimmungsergebnis in Berlin, wo sich bei einem Volksentscheid 56 Prozent der Wahlberechtigten für die Enteignung von Immobilien-Großkonzernen ausgesprochen haben.

Nachdem Christian Görke nun in den Bundestag wechselt und die ehemalige Landtagsabgeordnete Anke Schwarzenberg für ihn ins Landesparlament nachrücke, stehe die Linksfraktion vor einer Neuverteilung ihrer Sprecherpositionen, erklärte Walter. Anke Schwarzenberg nannte er eine exzellente Kennerin der Lausitz. Dies werde im Landtag gebraucht.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157037.bundestagswahl-linke-soll-sich-neu-erfinden.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157007.ergebnisse-der-bundestagswahl-die-linke-braucht-mehr-als-einen-neustart.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157093.die-linke-nach-der-wahl-regieren-heisst-nicht-grundsaetze-aufzugeben.html